Domenica Anita Niehoff, die unter dem Namen Domenica bekannt wurde, war Prostituierte, Domina und Sozialarbeiterin in Hamburg. Sie wurde über die Grenzen Deutschlands hinweg bekannt und war zu Gast in sämtlichen Talkshows der Republik, wo sie für die Anerkennung des Berufs Prostitution stritt. Sie war eine Vorkämpferin der deutschen Prostituiertenbewegung.
Domenica kam aus bescheidenen Verhältnissen. Am 3. August 1945 wurde sie in Köln geboren, ihr Vater ein gewaltätiger italienischer Eisverkäufer, ihre Mutter eine Betrügerin. Sie landete mit ihrem Bruder im Waisenhaus, kehrte zur Mutter mit 14 Jahren zurück und begann eine Ausbildung zur Buchhalterin, die sie abbrach. In dieser Zeit lernte sie einen Bordellbesitzer kennen, den sie heiratete. Nach seinem Selbstmord, vor ihren Augen, ging sie nach Hamburg. Das Milieu kannte sie bereits durch ihren Mann, aber angeschafft hat sie erst später. Sie arbeitete in Bordellen und an der Herbertstrasse und eröffnete im Alter von 35 Jahren ihr eigenes Domina Studio. Ihr Aussehen war markant: streng zurück gekämmte Haare und ein enormer Brustumfang, was sie einmal in einem Interview wie folgt kommentierte:
"Jeder glotzt auf die Titten. Keiner glotzte aufs Gesicht. Die mir ins Gesicht geguckt haben, waren die besten Freier."
Sie wurde von der Prominenz und von Künstlern als Muse sehr verehrt und verkehrte mit Berühmtheiten wie Wolf Wondratschek, dem Dichter und Schriftsteller, Tomi Ungerer, aber auch dem Ehepaar Gloria und Johannes von Turn und Taxis. Sie trat in Filmen, Musikvideos und Theaterstücken auf und wurde als 'Königin von St. Pauli' deutschlandweit berühmt. Auch eine Biografie, die sie 'beschissen' fand, wurde über sie geschrieben.Sie wurde Sozialarbeiterin, nachdem sie im Alter von 45 Jahren ihre Arbeit als Hure beendete. Als sogenannte Streetworkerin betrieb sie aufsuchende Sozialarbeit für die Frauen am Drogenstrich, die sich hilfesuchend und vertrauensvoll an sie wandten. Bis zur Verausgabung. Der Sozialarbeiterjob zehrte unglaublich an ihrer Kraft und sie bedauerte in Interviews, dass sie sich jemals darauf eingelassen hatte. Sie war in den 90er Jahren Mitbegründerin des Prostituierten-Hilfsprojekts Ragazza, wo sie drogensüchtige Prostituierte beriet, die aus der Prostitution aussteigen wollten. Aber sie nahm auch immer wieder Mädchen bei sich zu Hause auf, die sich verzweifelt an Domenica klammerten. 1997 hörte sie mit diesem Job auf, weil sie es nicht mehr aushielt.
Sie versuchte sich eine Weile mit einer Kneipe, die sie wegen Steuerschulden aufgab. Dann zog sie für einige Zeit in die Eifel, wo sie ein von ihrem Bruder ererbtes Haus bewohnte, aber schlussendlich verkaufte und 2008 wieder zurück nach Hamburg zog.
Dort im Panoptikum ist sie seit April 2011 als Wachsfigur zu sehen.
In Hamburg lebte Domenica zuletzt in ihrer Zwei-Zimmer-Sozialwohnung, wo sie 2 Schachteln Zigaretten täglich qualmte und auch an Diabetes litt. Sie verstarb am 12. Februar 2009 mit 63 Jahren an einem Lungenleiden und Freunde und Gefährten sorgten dafür, dass sie ein anständiges Begräbnis erhielt. Teile ihres Nachlasses sind in der Ausstellung des St.-Pauli-Museums zu finden, geleitet von Kiezfotograf Günter Zint, der auch ihren Lebensweg fotografisch begleitete. Eine Hure mit einem enorm grossen Herzen, wie der Dichter Wolf Wondratschek einmal schrieb. Vielleicht zu gross.
Quellen:
Ausführlicher Nachruf http://mikiwiki.org/wiki/Domenica_Niehoff
Interview http://www.lukesch.ch/Text96_18.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/Domenica_Niehoff#cite_note-welt20090212-3
St. Pauli Museum http://www.kiezmuseum.de/
Strasse nach Domenica in Hamburg benannt