Ich habe lange gezögert, ob ich eine Buchrezension über dieses Buch schreiben soll, weil sich für mich die Frage stellt, ob es Sinn macht, den Argumenten von Prostitutionsgegnern eine Plattform zu bieten. Aber auch die negativen Seiten gehören zum Thema Prostitution einfach dazu und die Autorin ist eine ehemalige Prostituierte.

 

Das Buch, worum es geht, ist von der irischen Journalistin Rachel Moran geschrieben. Ihre Autobiographie heisst: „Was vom Menschen übrig bleibt. Die Wahrheit über Prostitution“.

 

Rachel Moran hat zuletzt auch eine Gruppe und Online-Plattform SPACE (Survivors of Prostitution-Abuse Calling for Enlightenment) gegründet, die den Interessen der sog. „Überlebenden“ der Prostitution dienen soll und wo gegen die Verharmlosung der Prostitution gekämpft wird. Moran behauptet entschieden, dass „freiwillige und selbstbestimmte Prostitution ein Mythos“ sei. Dies ist eine ihrer Thesen, die sie in ihrem Buch begründet.

 

Rachel Moran ist unter schwierigen Bedingungen aufgewachsen: beide Eltern waren psychisch krank, der Vater litt an Depressionen, die Mutter an einer unbehandelten Psychose. Sie wuchs unter sehr ärmlichen Bedingungen auf, riss mit 15 Jahren von zuhause aus und landete in der Prostitution, dem Strassenstrich von Dublin. Später arbeitete sie auch in Bordellen und als Escort.

 

Sie schreibt, sie hätte es überlebt und spricht von Kunden als Tätern, die die Prostituierten missbrauchen. Es ginge immer um Macht, deshalb sei die Sexualität der Frauen in diesem Gewerbe auch keine selbstbestimmte. Gewalterfahrungen mache jede Prostituierte. Moran wendet sich an die Prostitutionsbefürworter, denen sie abspricht zu wissen, wovon sie sprechen. Es gäbe keine freiwillige Prostitution, da Frauen immer aus Not, meist wirtschaftliche Not, in diesen Job reingehen.

 

Sie berichtet von ihren Gesprächen mit anderen Frauen, allesamt Prostituierte, die die sexuellen Handlungen von Kunden als „Missbrauch“ beschreiben, der ihren Körpern aufgezwungen wird.

 

Sie schreibt: „Wenn man sich prostituiert, geschieht im Grunde Folgendes: Man willigt ein und akzeptiert ein Entgelt für den sexuellen Missbrauch am eigenen Körper. Man durchlebt all die negativen Gefühle, die mit sexuellem Missbrauch einhergehen, aber weil man eingewilligt hat, hat man sich praktisch selbst geknebelt. Man hat im wahrsten Sinne des Wortes sein Recht darauf verwirkt, seiner eigenen Sichtweise Ausdruck zu geben.“ Und weiter: „Die Erniedrigung, die auf sexueller Ebene geschieht, beschränkt sich nicht auf die Sphäre des Sexuellen. Sie sickert in das gesamte Leben eines Menschen ein, insbesondere wenn sie wiederholt und ritualisiert erfolgt. Drogen- und Alkoholsucht, vernichtetes Vertrauen, zerschmettertes Selbstwertgefühl, körperliche Selbstverletzungen, Selbstmordgedanken - all diese Dinge sind allgemein als die Früchte von sexuellem Missbrauch anerkannt. Und all dies habe ich in der Prostitution im Überfluss gesehen.“

 

Was dagegen in unserer Gegenwart stattgefunden hat und was die Prostitutionsbefürworter beabsichtigen, sei eine „Normalisierung der Prostitution“, d.h. ihr grundsätzlich schädigendes Wesen muss vertuscht werden. Deshalb wendet sie sich auch gegen den Begriff der „Sexarbeit“, der ein Täuschungsmanöver sei und das sexuell ausbeuterische Tauschgeschäft verschleiert. Die Bildsprache von „Sexarbeit“ suggeriert Sauberkeit und Ordnung und habe nichts gemein mit dem, was eine Prostituierte tatsächlich tut, nämlich sich täglich dem Sperma und der Sexualität von Männern auszusetzen. Deshalb spricht Moran hier von Schönfärberei. Sie diskutiert den Begriff der Sexarbeit auch dahingehend, dass sie verstehen möchte, worin genau die Arbeit besteht. Sie besteht demnach aus Geschlechtsverkehr, der Vortäuschung von sexueller Lust, der Fähigkeit körperliche Verletzungen auszuhalten und zu erlauben, dass der eigene Körper auf jede vorstellbare Weise benutzt wird: „Wenn kein Geld fliesst, werden diese Handlungen als Belästigung oder Missbrauch bezeichnet.“

 

In Rachel Morans eigener Erfahrung ist es so, dass zwar sexuelle Handlungen und Preis mit den Kunden vereinbart werden, sich diese aber weitgehend nicht daran halten und die Grenzen überschreiten. Das sei deshalb so, weil die Kunden eine „zutiefst genussvolle Befriedigung“ daraus ziehen, die Frauen zu erniedrigen und für die Frauen selbst sexuell abstossende Praktiken zu vollziehen. Natürliche Reaktionen wie Weinen, Angst und Panik werden auf Seiten der Frauen unterbunden, sie spricht hier von „Dissoziation“, also Abspaltung auf psychologischer Ebene, die sie dazu befähigt, den „Würgereflex oder den Drang zum Weinen zu unterbinden“.

 

Deshalb fragt sie Prostitutionsbefürworter, die eine „Schadensbegrenzung“ (harm reduction) verfolgen, dass wenn die Prostitution keine Gewalt gegen Frauen und nicht schädigend sei, welcher Schaden dann eigentlich begrenzt werden solle. Darauf hätte sie noch keine Antwort erhalten. Ebenfalls fragt Moran bezüglich der freien und selbstgewählten Entscheidung, Prostitution auszuüben, wie es sein kann, dass so viele Frauen, die Opfer von Menschenhandel werden, „hinters Licht geführt und versklavt werden, um bei der Prostitution mitzumachen“. Deshalb findet sie die Unterscheidung zwischen „freien“ Prostituierten und Opfern von Menschenhandel falsch, da beide sexuellem Missbrauch ausgesetzt sind: „Für diejenigen von uns, die in die Kategorie „frei“ fallen, übt das Leben den Zwang aus.“

 

Rachel Moran weiss, dass viele Prostituierte all das nicht gerne hören möchten, weil „sie es selbst nicht gerne gehört hätte, als sie sich noch in der Prostitution befand“.

 

Ich könnte noch mehr zu diesem Buch schreiben, auch dass sie die weit verbreitete These verwirft, Prostitution schütze vor Vergewaltigungen, ganz einfach, weil Vergewaltiger auch zu Prostituierten gehen, aber ich belasse es hier mal dabei.

 

Das Buch ist harte Kost, aber wer sich mal auf die Gedanken einer ehemaligen Prostituierten einlassen will, die „ihre Wahrheit über Prostitution“ anschaulich beschreibt, dem sei dieses Buch empfohlen.

 

Erschienen ist es im Tectum Verlag Marburg 2015. Auch als günstige Kindle-Edition lieferbar.

 

Written by Ariane G.


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Eins muss man aber auch mal sehen: wie in jedem Job erleichtert eine Adaption bzw. Internalisierung inform von "Ich liebe meinen Job", die Ausführung dessen ganz erheblich. Das sind einfach positive psychologische Überlebensmechanismen. Überhaupt möchte ich an dieser Stelle nicht politisch sein, sondern vielleicht eher auf die "moralisch-psychologische Ebene" diverser Aussagen hier Bezug nehmen. Die Dinge oder Wahrheiten sind eben nicht einfach. Man kann sie in verschiedenen Ebenen sehen, aufspalten, muss mit Ambivalenzen, Ambiquitäten, Individualitäten, Umständen umgehen. So wie der Mensch eben "Hü" sagt und "Hott" meint. Ich kenne die Buch-Autorin nicht und möchte mich auch nicht näher mit ihr auseinandersetzten, aber dass was ich hier lese, beschreibt (neben dem Politischen) deren biographisch frühen sexuellen Mißbrauch und mit dieser/ ihrer Brille sieht sie eben ihre Lebens-und Berufswirklichkeit. Damit ist sie nicht allein, denn in diesem Berufsbild gibt es zahlreiche Frauen mit frühen Mißbrauchserfahrungen und es ist leider der Versuch einer/ die Bewältigungsstrategie, dieses zu replizieren und zu lösen. Irgendeine Meise hat eben jeder. Und die Männer auch. Natürlich ist es für den Mann unbequem sich diesem Thema zu stellen und ich finde ihren Versuch und das Bemühen um moralische Korrektheit immer wieder rührend (und o.k.) zu sehen. Aber auch hier möchte ich sagen: Männers, die Geldübergabe ist das Erkaufen der Absolution! Sei´s drum, wir sind alle erwachsen, die wir hier teilhaben! Hoffentlich. Und es gibt auch die Grobiane, die denken: "Wer zahlt, vergewaltigt nicht!". Es sind eben alles Aspekte...die auf einen Kernsatz zu abstrahieren wird nicht gelingen. Außer Alice Schwarzer, natürlich. ;-)

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Anja ich stimme Dir voll zu!!! Ich denke ganz genauso!!! Obwohl ich auch schon in diesem Job "oft" vorm hellen Licht stand...aaaaaber das kann mir auch passieren wenn ich in einer Bank oder einem Kiosk arbeite!!! Ich liiieeebe diesen Job und das lasse ich mir niemals nehmen! Küsschen ;)))))

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Liebe Ariane, die Frau Moran scheint ein besonderes Früchtchen zu sein, eine Ex-Prostituierte aber nicht! Lies mal, was irische Kolleginnen dazu zu sagen hatten: http://www.voice4sexworkers.com/2014/03/26/die-falschen-huren-der-rettungsindustrie/ Dein Anliegen, Schattenseiten nicht zu verschweigen, unterstütze ich! Material und Erlebnisse genug werden ja in KM-Blogs geschildert, und um das zu verdammen muss "man" ja mitnichten Prostitutionsgegner sein . . .

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Liebe Ariane, danke für Deine persönlichen Worte. Wenn Du schreibst, Du hast auch Erfüllung und Freude gefunden, bedeutet ja, daß es prinzipiell möglich ist und das es nicht die Tätigkeit als solche ist, die traumatisiert. Das das überhaupt möglich ist, bestreiten ja Morgan, Schwarzer u.a. GegenerInnen der Prostitution. Nach ihnen ist dieser Job auf jeden Fall schädigend und traumantisierend. Der Sex mit Fremden gegen Geld eben als Solcher. Ich habe schon eine Reihe von Frauen kennengelernt und zähle einige zu meinen engeren Freunden, die berichten, daß sie diesen Job - an sich - gerne mach(t)en und Sex gegen Geld bisweilen nicht nur ok finden, sondern ihnen auch Spaß macht, zusammen mit der Begegnung insgesamt. Sie sind empört, wenn sie unterstellt bekommen, sie würden nicht bewußt haben, daß dieser Akt sie bereits traumatisiert, daß sie sich institutionalisiertem Mißbrauch ausliefern. Mich stört an Morgans Position, daß diese Frauen nicht gehört, nicht ernstgenommen werden. Ich glaube, sie sollen auch nicht, denn es "darf nicht sein, was nicht sein kann." Wenn aber die Prostitution nicht per se schädigend ist, dann sind es - wie Du beschreibst - die Umstände, unter denen sie stattfindet. Verbote wären dann nicht nur unnötig, sondern mutmaßlich werden sie ja die Lage verschlimmern. Und auch das neue Gesetz tut es ja, während z.B. Diskussionsergebnisse vom "Runden Tisch Prostitution NRW" völlig ignoriert werden. Laßt uns weiter für "gesellschaftliche Akzeptanz" werben, und für eine Verbesserung der Umstände. Und: Wie - Buschbub schrieb - auch die Männer aufklären, denn dadurch, zu wem und wohin man geht, kann man auch Einfluß nehmen. LG, Markus P.S.: Kennst Du das Buch mit dem leider etwas blumigen Titel "Laß Dich verwöhnen - Prostitution in Deutschland" von Tamara Domentat? Es ist - wohl aus einer Gegenbewegung - vielleicht etwas zu "pro", aber ist insgesamt etwas ausgewogener als die Extrempositionen, indem Licht und Schatten dargestellt werden.

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Dieses ganze Gerede über Mißbrauch geht mir gewaltig gegen den Strich. Jeder Mensch prostituieret (verkauft) sich in seinem Leben - für seinen Lebensunterhalt, seine Wünsche und Träume!. Wir bekommen alle nichts geschenkt! Diese Feministinnen - auch die Buchautorin hier (für deren Mißbrauch in jungen Jahren keine andere Hure etwas kann) gehen gezielt auf unser Geld, unseren Lebensunterhalt und Wohlstand los. Oder bieten die uns das Leben, welches uns unsere Herren ermöglichen? Nicht umsonst wurde ich Hure und ließ mich nicht mehr für kleines Geld im normalen Beruf rumschubsen. Außerdem muß ich mich hier keinen Dienstvorschriften mit langweiligen Kleidervorschriften, Stechuhren, Arbeitszeiten und kleinem Gehalt rumärgern. Ich bin dankbar dafür, eine freischaffende Hure sein zu dürfen. Auch genieße ich die Anerkennung meiner Herren .... auch wenn diese sexueller Natur ist. Wenn ich eine Sklavin sein sollte, dann nur eine meiner ganz persönlichen Ansprüche!

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Hallo Markus, auch ich habe Freude und Erfüllung in diesem Job gefunden; nur in der Summe haben mich die negativen Ereignisse aus der Umlaufbahn geschossen. Prostitution ist wie alle prekären Arbeitsbedingungen immer von einer strukturellen Gewalt durchzogen, die man durch ein Prostitutionsverbot jedenfalls nicht ausschalten kann. Das zeigen einfach all die grauenvollen Arbeitsbedingungen und hohen Risiken, denen sich Prostituierte aussetzen insbesondere in Ländern, wo Prostitution ja verboten ist (Bsp. USA). Das gesellschaftliche Stigma und das damit verbundene Doppelleben ist Gewalt, weil es Tätern erlaubt mit ihrem Verhalten ungeschoren davon zu kommen. Die wenigsten Übergriffe werden zur Anzeige gebracht. Daher bleibt uns nichts anderes übrig, um an besseren Arbeitsbedingungen zu arbeiten. Erst wenn das Stigma verschwinden würde, würden sich auch mehr Frauen zu dieser Tätigkeit bekennen können. Die kommende Registrierungspflicht, die das neue Prostituiertenschutzgesetz mit sich bringt, arbeitet dem allerdings entgegen. Es wird die meisten Frauen zwingen, entweder mit dem Job aufzuhören oder illegal weiter zu arbeiten und kriminalisiert sie dadurch. Das ist alles weit entfernt von "gesellschaftlicher Akzeptanz". lg Ariane

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Naja was mich stört ist diese Radikal-feministische Position a la " Man willigt ein und akzeptiert ein Entgelt für den sexuellen Missbrauch am eigenen Körper. Man durchlebt all die negativen Gefühle, die mit sexuellem Missbrauch einhergehen, aber weil man eingewilligt hat, hat man sich praktisch selbst geknebelt" denn das kann nicht funktionieren. Einerseits wenn wir vom allgemeinen Verständnis des Missbrauches ausgehen fehlt hier der Zwang gegen den Willen des Opfers und andererseits, Freiwilligkeit bedeutet nicht automatisch Erfüllung und Freude. Wenn ich Freiwillig einen One-Night-Stand habe muss ich damit leben wenn dieser enttäuschend oder sogar verletzend war ohne dabei gegen Gesetze zu verstoßen. Einen Positiven Ausgang meiner selbstbestimmten Handlungen kann mir niemand garantieren thats life. Genauso hier: " Wenn kein Geld fliesst, werden diese Handlungen als Belästigung oder Missbrauch bezeichnet" oder einfach als Sex den zwei Personen warum auch immer miteinander haben, sei es die Ehepflicht zu erfüllen oder weil beide einfach nur mal getroffen haben. Im Kölner Karneval findet also nur Missbrauch statt äh ja.... Und hiermit zeigt sich deutlich das Frau Moran die Emma-Thesen auswendig gelernt mit den folgenden Satz: "Für diejenigen von uns, die in die Kategorie „frei“ fallen, übt das Leben den Zwang aus" Einfacher kann man sich nicht diskreditieren, wenn Frau Moran es also schafft ohne Zwang in Ihren Leben sich den Lebensunterhalt zu verdienen schlage ich Sie für den Nobelpreis vor. Frau Moran vertritt die teils absurden Thesen des Schwarzerismus, welcher nicht unerheblich davon lebt Fakten zu Ignorieren, Zirkelschlüsse zu machen und Frauen die betroffen sind zu Ignorieren. Eine ehrliche Auseinandersetzung hat nicht stattgefunden, besonders da es auch per eidesstattliche Erklärung Zweifel an Frau Morans Glaubwürdigkeit gibt. Wer lesen will was ich meine sollte sich Frau Schwarzers Werk Prostitution ein deutscher Skandal mal antun oder einfach auf der Emma-Website Kommentare und Artikel zur Prostitution lesen um zu sehen das dabei nicht um die Prostituierten geht, sondern um Frau Schwazers erschreckend konservative Moral gegen das eigene Geschlecht, der sexuellen Selbstbestimmung und Ihren persönlichen Geschmack.

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Genau dieser Frage versuche ich zur Zeit ebenfalls nachzugehen. Interessanterweise kann dies eine durchaus kontroverse Debatte auslösen. Viele Damen werden dir erzählen, dass die meisten SLD dir etwas vormachen, gekünstelt stöhnen, Orgasmen vortäuschen etc., nur bei ihr selbst könntest du noch echte Geilheit erleben... Deine Frage nach dem Missbrauch und der Ausbeutung würde ich so beantworten: kommt drauf an! Bei einer Hure auf dem Straßenstrich, die sich für 30 Euro zu einem Quickie einlässt, da beutet der Mann die Frau aus. Bei einer Dame, die Overnight-Dates zu Mondpreisen anbietet und sich einen Ablauf mit Kennenlernen an der Cocktailbar, Einkleiden in Edel-Boutiques, Speisen im Gourmetrestaurant und zu guter Letzt eine erotische Nacht im Luxushotel vorstellt, da beutet die Frau den Mann aus. Es liegt also an uns Männern, zwischen diesen Extremen eine Auswahl auf der Goldenen Mitte zu treffen, wo Geben und Nehmen im Gleichgewicht stehen.

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Liebe Ariane, erstmal vielen Dank für Deine Antwort, habe mich gefreut, überhaupt Resonanz zu finden. Daß es Leid, strukturelle Gewalt und Übergriffe im Bereich der Prostitution gibt, ist klar, das zu verleugnen liegt mir fern. Wenn ich es richtig verstehe, besteht der "harm reduction approach" in einer Minimierung der gefährlichen und schädlichen Umstände, unter denen Prostitution stattfindet. Was mich seit geraumer Zeit beschäftigt - und was sich in der Praxis für mich nicht bestätgt -, ist folgende Frage, die die Kernthese von Schwarzer, Morgan und anderen Prostitutionsgegnern dieser Argumentationslinie ist: Ist gekaufter Sex notwendig die patriarchalische Ausbeutung der Machtlosigkeit der Frau, bei der man(n) durch das Geld die Zustimmung zum Mißbrauch erkauft? Ist es "systemimmanent", daß Sex gegen Geld Mißbrauch ist und fühlt sich eine Frau notwendig nach dem Sex gegen Geld mißbraucht? Diese Sichtweise legen die von mir zitierten Stellen Deiner Besprechung nahe. Wenn diese These zutrifft, dann ist es in der Tat so, daß ein "harm reduction approach" sinnlos oder höchstens pragmatisch wäre, weil man Prostitution auch bei einem dann notwendigen Verbot nicht gänzlch verbannen kann. Anders gefragt: Hat die seelische und ggf.körperliche Schädigung der sich Prostituierenden (um auch Stricher, "Callboys" und TS hier einzubeziehen) ihre Ursache in den Umständen, unter denen Prostitution (und ggf. auch etwa Pornodrehs u.ä.) stattfindet, und in dem Bild, das in der Gesellschaft und damit in einigen Männerköpfen herrscht? Oder ist der Akt Sex gegen Geld "an sich" schädigend, so daß es ausgeschlossen ist, in dem Beruf ein gerüttelt Maß an Freude und Erfüllung zu finden? Wenn man die erste Frage bejaht - und das kann man in zunehmenden Maße nicht nur für die Prostitution sondern auch für andere zunehmend perkärer und gefährlicher werdende Arbeitformen tun - müssen die Arbeitsbedingungen und -möglichkeiten sowie die gesellschaftliche Akzeptanz verbessert werden. Stimmt die zweite Ansicht - und mit dieser habe ich aus o.g. Gründen "Probleme" -, dann haben Morgan, Schwarzer und Co. recht und man muß die Prostitution verbieten. Es wäre schade, denn ich hab soviel Tolles erlebt und sogar Freundinnen für´s Leben gefunden. :) Ich würde mich freuen, Deine Ansicht dazu zu hören. Ganz lieben Gruß, Markus

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Lieber Justfun70, tja die Realität ist nicht schwarz oder weiss, sondern grau. Ich bin damalig "freiwillig" in die Sexarbeit eingestiegen, so dachte ich, obwohl es mehr die finanzielle Not war und die berufliche Perspektivlosigkeit. In der Praxis hab ich als Escort sehr viele respektvolle Männer kennengelernt, aber genauso viel Grenzüberschreitungen und Gewalt und bin Jahre später darüber so krank geworden, dass die Ärzte mich wegen Berufsunfähigkeit schon vorzeitig in Rente schicken wollten. Deshalb hab ich mich als Aktivistin schon früh auf den Ansatz der Schadensminimierung (harm reduction approach) konzentriert und das bedeutet Professionalisierung und Sicherheitsstandards zu lernen und zu verinnerlichen, dies im engen Informationsaustausch mit anderen Frauen. Politisch stehe ich nach all meinen Erfahrungen mittlerweile so ziemlich zwischen allen Stühlen. Ich habe in den letzten Jahren einige Frauen kennengelernt, die Prostitution "überlebt" haben und kenne ihre Geschichten, genauso kenne ich viele persönliche Geschichten und leidvolle Erfahrungen von Frauen, die mir in meiner Zeit im Bordell, als Escort und als Aktivistin im In- und Ausland begegnet sind. Diese Erfahrungen darf man einfach nicht leugnen. Ich halte deshalb Sexarbeit für einen Hochrisiko-Job; bessere Arbeitsbedingungen und ein effizientes Kunden-Screening inkl. positiver Referenzen anderer Escorts wie in den USA oder bei Kaufmich durch die beidseitigen Erfahrungsberichte praktiziert, hilft schon etwas. Und ich rede hier nicht von Hygienestandards, die selbstverständlich sein sollten, sondern von den teilweise unhaltbaren Zuständen in deutschen Bordellen und internationalen Terminwohnungen, wo ich ebenfalls langjährig gearbeitet habe. Ich kann nur jeder Frau in diesem Job raten, sich mit Kolleginnen zusammen zu schliessen und eine eigene Arbeitswohnung zu betreiben, wo man Kunden empfangen kann. Dies ist die sicherste Form, diesen Job zu betreiben. lg Ariane

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OMG, wenn ich das schon lese: "die Wahrheit über..." Von allen Seiten werden wir mit Wahrheiten vollgestopft: die Wahrheit über den Klimawandel, die Wahrheit über die Klimalüge, die Wahrheit über die Euro-Krise, die Wahrheit über UFOs... oh wie leicht ist es, in den Besitz der Wahrheit zu kommen, man muss das alles nur durchlesen! Habe gerade mal wieder den wunderbaren Magazin-Beitrag "Alltagsgedanken" vom 9. September gelesen. Der Ehemann einer Hure schreibt "Sie verkauft sich nicht. Sie lässt nur andere Männer gegen Bezahlung von Ihrer Sinnlichkeit kosten." Da sieht man doch, es gibt nicht DIE Wahrheit, sondern jede Frau hat ihre eigene Wahrheit. Natürlich gibt es viele Frauen, denen die Arbeit keinen Spaß macht. Mit denen trifft man sich einmal und nie wieder. Aber andere sind mit einer solchen Herzenslust bei der Sache, dass jeder Zweifel an ihrem ehrlichen Vergnügen eine Beleidigung wäre. Die findet man natürlich nicht in Laufhäusern oder am Straßenstrich, aber bei kaufmich.

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Die Zitatkennzeichnung ist leider schiefgegangen. Was als Zitat gekennzeichnet ist, ist mein Text. Nach ...."denn sie durchleben notwendig" sollte das Zitat stehen: "all die negativen Gefühle, die mit sexuellem Missbrauch einhergehen, aber weil man eingewilligt hat, hat man sich praktisch selbst geknebelt. " Und nach: "Damit habe ich echt Schwierigkeiten:" Sie diskutiert den Begriff der Sexarbeit auch dahingehend, dass sie verstehen möchte, worin genau die Arbeit besteht. Sie besteht demnach aus Geschlechtsverkehr, der Vortäuschung von sexueller Lust, der Fähigkeit körperliche Verletzungen auszuhalten und zu erlauben, dass der eigene Körper auf jede vorstellbare Weise benutzt wird: „Wenn kein Geld fliesst, werden diese Handlungen als Belästigung oder Missbrauch bezeichnet.“ Ich hoffe, mein Punkt ist trotzdem verständlich.

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Natürlich ist denjenigen, die im Rahmen der Prostitution Gewalt erfahren, die Prostitution selbst als Gewalt erfahren oder gar Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung geworden sind, voller Respekt vor ihren verletzten Gefühlen und den Konsequenzen, die sie daraus ziehen, zu zollen. Männer, die die Grenzen von Frauen bewußt überschreiten, sich nicht an die Vereinbarungen halten, sind Vergewaltiger, Menschen, die Menschen zur Prostitution zwingen, Verbrecher. Trotzdem stören mich zwei Dinge: 1. Das, was die Männer zu Vergewaltigern macht und Menschen zu Verbrechern im Kontext der Sexualität ist ja nicht kennzeichnend für die Prostitution. Es existiert zu einem nichtunerheblichen Teil außerhalb ihrer und hat mit der Mißachtung des Willens des Opfers zu tun. 2. Von den Prostitutionsgegnern, die die Argumentationsschiene von Morgan benutzen - die ja im Wesentlichen die von Schwarzer ist - respektiert die Gefühlswelt derjenigen Frauen nicht, die mit sich und der Arbeit als Prostituierte im Reinen sind. Die Argumentationsschiene geht davon aus, daß "gekaufter Sex" inhärent Gewalt an Frauen darstellt, der durch einen Machtüberschuß seitens der Männer (durch Geld) ausgeübt wird. Diejenigen Frauen, denen es gut damit geht, gestehen sich das nach dieser Theorie nicht ein und sind Opfer ohne es zu wissen und zu fühlen (solange sie die Arbeit ausführen). Sie sind deshalb nicht fähig selbst zu entscheiden. Die Argumentation von Morgan, Schwarzer und anderen Gegnern der Prostitution verweigert nicht nur den Respekt vor der Gefühlswelt von Menschen, die gern Sexarbeit machen, den sie umgekehrt für die Opfer fordert. Da sie behauptet, diejenigen Sexarbeiterinnen, die Prostitution befürworten, sind ebenfalls bereits Opfer, ohne daß sie es selbst wissen und fühlen, denn sie durchleben notwendig
muß offenbar der erklärte Wille einer "freiwilligen Sexarbeiterin" nicht beachtet werden. Und wer diesen Mißbrauch nicht (bewußt) durchlebt, mit dem stimmt was nicht... und muß zwangsgerettet werden, denn sie weiß nicht was sie tut. Eine solche Argumentation ist prinzipiell nicht widerlegbar. In einem wissenschaftlichen Diskurs wäre sie - sofern dies von Prostitutionsgegnern überhaupt angestrebt wird - wertlos. Denn dort gilt: "Eine prinzipiell unwiderlegbare Aussage sagt nichts über die Wirklichkeit aus. Denn eine wissentschaftliche Theorie muss – wenigstens im Prinzip – widerlegbar sein." Damit habe ich echt Schwierigkeiten:
Dann muß ich echt blind und gefühllos sein, denn mein Erleben mit Sexarbeiterinnen beinhaltet auch bisweilen (!) das Erleben von echter Lust, basierend auf dem Vertrauen, daß die Grenzen (gegenseitig!) eingehalten werden. Wenn kein Geld geflossen wäre, wäre es halt einfach guter Sex zwischen zwei sich respektierenden und wertschätzenden Erwachsenen gewesen:)

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Das Berufsbild der Prostitution ist sehr unterschiedlich. Alle auf einen Nenner zu bringen dürfte nicht funktionieren. Es gibt ebenso viele verschieden Verkäufer, die auch jeweils unterschiedlich verdienen und andere Anforderungen erfüllen müssen, je nachdem was sie verkaufen / vertreiben! Wenn ich von mir aus gehe, wäre es mir nicht möglich auf einem Straßenstrich, Laufhaus, Pauschal- oder Sauna - Club zu arbeiten. Dazu fehlt mir völlig das Extrovertierte und auch das " aktive Animieren" beherrsche ich nicht. Wenn ich nun aus Existenzangst diese Grenzen von mir übertreten würde, könnte es auf Dauer nur negativ enden. Das Buch werde ich mir holen. Jeder Vergleich zwischen einer 15 jährigen und einer Volljährigen Person wäre Nonsens

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