Gastautor Dadaist hat sich einen sehr aufregenden Film für seine Besprechung ausgesucht, der in unserer Sammlung über Filme über Prostitution nicht fehlen darf: Die Flambierte Frau. Ein Film über ein Domina und einen Callboy im Berlin der 80er Jahre, als sich der Strich noch rund um den Kurfürstendamm tummelte.
Mit hochgeschlagenen Mantelkragen ging Mann ins Kino
Ein deutscher Filmklassiker, mit dem keiner – vielleicht außer dem Regisseur – gerechnet hat. Vor 1982 ging Mann noch mit hochgeschlagenem Mantelkragen und Hut ins Kino, das erotische Filme spielte. Mit „Die flambierte Frau“, die bei den Filmfestspielen in Cannes 1983 in der begehrten Sektion „Quinzaine des Réalisateurs“ (Director's Fortnight) als ein sensationelles Ereignis gefeiert wurde, änderte sich das.

 

Plötzlich gingen auch 'Stinos' ins Kino, um den preisgekrönten Film zu sehen. Es war im Übrigen der erste deutsche Spielfilm, der seine Fördermittel vollständig zurückzahlen konnte: ein Kinoerfolg, der mit dem Bundesfilmpreis und vielen anderen Preisen belohnt wurde.

 

Eine Nutte muß nicht mehr an der Straße stehen
Gudrun Landgrebe als Darstellerin der „Eva“ gelang damit der Durchbruch, und sie startete damit ein große Karriere. Der Regisseur Robert van Ackeren schrieb über seinen Film:

 

„An der Rührseligkeit der Männer hat sich bis heute nichts geändert, aber die Prostituierten und die Erscheinungsform der Prostitution haben sich gewandelt. Eine Nutte muss heute nicht mehr auf der Straße stehen. In den Tageszeitungen ist der Anzeigenteil von „Modellen“ und „Dressmen“ inzwischen umfangreicher als die Gebrauchtwagenannoncen.“ So war es Anfang der achtziger Jahre, - heute, wie wir wissen, sind es auch nicht mehr die Tageszeitungen, sondern das Internet, über das die Kontakte geknüpft werden.  Eva lebt mit dem wohlhabenden Markus in einer geräumigen Altbauwohnung. Als Studentin hat sie eine bürgerliche Karriere in Aussicht. Aber die Beziehung hat sich abgeschliffen, das Feuer ist raus. Und als Markus als Spießer mal wieder grundlos an ihr herumnörgelt und sie darüber herabwürdigt, packt sie ihren Koffer und haut ab.

 

Yvonne erklärt ihr das Geschäft
Irgendwann hat sie den Mut eine Nummer anzurufen, die sie schon seit einem Jahr von einer Freundin hat. Es meldet sich eine Frau: Yvonne ist Prostituierte, und über sie kommt auch Eva dazu. Sie verkauft sich fortan freiwillig, um wirtschaftlich unabhängig zu sein. Yvonne erklärt ihr das Geschäft und wie man Preise macht. „Nachher fühlen sich die Männer sowieso alle betrogen“, sagt sie und meint damit, dass sich Eva keinesfalls zu billig verkaufen darf.  Bald spürt Eva, dass sie zunehmend die Männer beherrschen möchte und auch am ehesten Distanz halten kann, wenn sie als Domina arbeitet. Damit hat sie auch Erfolg. Schwierig wird es erst, als sie sich in den Callboy Chris verliebt. Sie finden in einer leidenschaftlichen Beziehung zusammen. So obsessiv ihre Liebe auch ist, doch die Ambivalenz von Sex als Ware und Sex für die Liebe überfordern beide.

 

Callboy Chris wird eifersüchtig
Der „Berufs-Charme“ führt zur Eifersucht. Chris sucht die Rettung der Beziehung in einem bürgerlichen Leben. Er investiert beider Vermögen in ein Restaurant. Aber Eva, die als Domina sehr erfolgreich ist, ohne den Kunden dabei sexuell ausgeliefert zu sein, spielt nicht mit. Im Gegenteil, sie äußert Unterwerfungsphantasien, die Chris für sich bedrohlich empfindet.

 

Eva will Unabhängigkeit und Freiheit
Auch scheint bereits zu sehr eine Distanz zwischen beiden eingetreten zu sein. Er will die feste Beziehung, die Ehe und sie die Unabhängigkeit und Freiheit. Als er sie schließlich bedrängt und sie sich ihm widersetzt, kommt es zur Eskalation: die Flasche mit hochprozentigem Kirschwasser, von dem er einen Schluck getrunken hat, schüttet er voll und ganz über ihr aus und zündet sie im Affekt an. Eva überlebt den Anschlag und bestätigt später vor der Polizei Chris' Version von einem Unglücksfall...

 

So scheitert die Zerreißprobe zwischen Liebe und Ware einerseits und aufrichtigen Gefühlen andererseits. Dem Versuch inmitten einer prostituierten Welt, eine Insel der Liebe zu bewahren, sind Eva und Chris auf Dauer nicht gewachsen. „Die suggestive Bildsprache Van Ackerens erreicht in dieser genauen wie aufwühlenden Milieustudie ihren vorläufigen Höhepunkt“, zieht der französische Kritiker Henri Menoir sein Fazit.

 

Das Projekt wurde mehrmals begonnen und musste aus finanziellen Gründen wieder unterbrochen werden. Van Ackeren bezeichnet die Entstehungsgeschichte seines Filmes als „bizarr und leider eine Spur zu abwechslungsreich.“ Der Erfolg dürfte ihn entschädigt haben.   

 

 

 

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Written by Gastautor


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