Die Journalistin und ehemalige Sexarbeiterin Alice Frohnert hat in ihrem Buch minutiös die Boulevardpresse analysiert, unter dem Aspekt der Darstellung von Frauen, die als „Klosett“, als „Sklavin“, als „Beute“, als Luxuspüppchen, als Göttin und als Dämon dargestellt werden. Ihr Buch "Prostitution und Gesellschaft" analysiert unsere Gesellschaftsordnung, die man nicht anders als repressiv bezeichnen kann. Wie ist Eure Meinung? Haben sich die Zeiten seit der Erstausgabe des Buches Ende der 80er Jahre geändert? Schreibt uns einen Kommentar.
Rigorose Triebunterdrückung
Frohnert gelangt in ihrer Analyse zu der Erkenntnis, dass das Frauenbild degradierend und reduziert ist. Grund sei das Patriarchat und seine Unterdrückungsmechanismen. Insbesondere die rigorose Triebunterdrückung und der repressive Zwangscharakter unserer Gesellschaftsordnung. Triebe, die man normalerweise eindämmt und eliminieren soll. Dies ist auch hauptsächlich die Ursache dafür, warum die Prostituierte degradiert und als Paria mißachtet wird. Dabei bleiben ihre Dienste ein lebensnotwendiges Ventil für unerfüllte Sehnsüchte.
Frau als Ware
Der weibliche Körper als Projektionsfläche männlicher Wunschvorstellungen kommt auch in der Prostitution zum tragen. Prostitution floriere deshalb, weil die meisten Menschen sexuell verklemmt seien und nicht lernen, ihre Bedürfnisse offen auszusprechen. Prostitution stillt die unterdrückten sexuellen Bedürfnisse. Erst eine Erziehung zu einer natürlichen Einstellung
zur Sexualität und die Verminderung der Armut kann die Situation von Prostituierten in den nächsten Jahrhunderten verbessern. Immerhin: Prostitution ermöglicht finanzielle Unabhängigkeit und ist der Motor, warum man diesem Job nachgeht.
Sexarbeiterinnen sind soziale Randgruppe
SexarbeiterInnen sind inzwischen teilweise toleriert, aber rechtlich verfolgt und weltweit unter Polizeiaufsicht gestellt. Sie repräsentieren eine soziale Randgruppe, welche die gesellschaftlich anerkannten Sexualnormen mißachtet. Aufgrund dieses Normenverstoßes unterliegt die Prostitution der sozialen Diskriminierung. Hier reproduziert sich das Huren-Stigma fort.
Dabei erfülle Prostitution eine enorm wichtige Rolle, die das Funktionieren der Gesellschaft erst ermöglicht. Deshalb müsse man Sexarbeit als Berufszweig rehabilitieren und SexarbeiterInnen alle Rechte zustehen.
Skrupellose Presse
Die skrupellose Presse, wie man die Boulevardpresse durchaus bezeichnen kann, hat sich seit dem erstmaligen Erscheinen dieses Buches Ende der 80er Jahre kaum geändert. Selbst politisch aktive SexarbeiterInnen, die in die öffentliche Arena drängen. um für ihre Rechte einzutreten, werden regelmäßig enttäuscht. Wenn sie auf Journalisten treffen, wird meist billige Effekthascherei betrieben, um den Beruf der Sexarbeit zu skandalisieren und reißerisch aufmachen. Nicht nur die Boulevardpresse, sondern die Presse allgemein, schreibt im Regelfall nicht „für“ die SexarbeiterInnen und den Kampf um ihre Rechte, sondern in reißerischer Manier. Von einer Kooperation mit der Presse ist deshalb im Regelfall abzuraten.
Alice Frohnert - Prostitution und Gesellschaft
R.G. Fischer Verlag
3. Auflage
Frankfurt Main 2018
Written by Susi
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