Hallo Josefa, schön, dass Du Dir etwas Zeit für unser Interview genommen hast. Seit wann arbeitest Du als Escort Lady und wo bist Du überall buchbar? Inzwischen bin ich fast 4 Jahre als Sexworkerin tätig und habe in verschiedenen Sparten gearbeitet. Am Anfang war ich vom Escort sehr begeistert, habe mit der Zeit aber festgestellt, dass ich lieber am Tag in einer Wohnung arbeite. Dennoch besuche ich manche Gäste daheim, im Hotel oder auf Reisen.
Du engagierst Dich für die Rechte von SexarbeiterInnen. Wie kam es dazu? Am Anfang habe ich es kaum jemanden erzählt, dass ich mit Sex mein Geld verdiene und kam damit in unangenehme Situationen. Menschen kauten die typischen Mythen durch und ich stand daneben und traute mich nicht mit meinem Wissen etwas zu sagen. Das machte mich irgendwann wütend und ich habe mir die Öffentlichkeitsarbeit als Ventil für diesen Frust gesucht. Mit dem Berufsverband habe ich eine Stimme gefunden um den Menschen davon erzählen, welche Erfahrungen ich und meine Kolleginnen gesammelt habe.
Zu Deinem Engagement zählen auch Interviews, Videos etc.? Du gehst sehr offen mit Deinem Job um. Ist es kein Problem für Dich, Gesicht zu zeigen? Durch meine Offenheit polarisiere ich sehr stark, was zu tollen Begegnungen und schmerzhaften Ablehnungen führt. Aber mich zu verstecken war nie eine Lösung für mich, damit würde ich einsam und unzufrieden werden. Ich bin wirklich stolz darauf, was ich mache und geschaffen habe, darum zeige ich mein Gesicht.
Wie ist Deine Haltung bezüglich des neuen Prostituiertenschutzgesetzes? Lehnst Du es kategorisch ab oder siehst Du auch Vorteile? (falls Du es kategorisch ablehnst, was sind Deine Gründe dafür? Ich kann an dem Gesetz nur einen guten Willen erkennen, der allein reicht aber nicht aus um sinnvolle Strukturen zu schaffen. Bei der Planung hat man leider völlig die Arbeits- und Lebensrealität von uns ignoriert, die Meinung von Sexworkern beiseite geschoben. 2. Badezimmer, Pausenräume und ähnliches hören sich gut an, aber was wir brauchen sind Rechte, Beratung und Anerkennung..
Wenn eine Frau als Escort Dame anfangen möchte, welche Tipps und welchen Rat hättest Du für sie? Eine ältere Kollegin machte einmal einen Test mit mir: Sie wollte, dass ich ihr laut “Nein” ins Gesicht brülle. Sie wollte wissen, ob ich mich ihr lautstark entgegenzustellen kann. Das finde ich ist die wichtigste Eigenschaft, damit wir gut und gesund mit fremden Menschen arbeiten können.
Welche Eigenschaften haben idealerweise Deine besten Kunden? Was lehnst Du ab? Mir ist Humor sehr wichtig! Wenn ich mit jemanden lachen kann gibt es immer eine Basis auf der man sich versteht und aufbauen kann. Wenn ich merke, dass jemand respektlos und unzuverlässig ist gibt es nur eines raus aus meiner Anruferliste!
In diesem Job ist es auch manchmal wichtig, Nein zu sagen. Wie schützt Du Dich vor Grenzüberschreitung? Das bringt es auf den Punkt! Als eine gute Freundin von meinem Job erfuhr, lehnte sie mich ab und es traf mich so sehr, dass ich wochenlang nicht arbeiten konnte. Ich fühlte mich schnell überfordert und mir fiel es schwer mich anderen mitzuteilen. Ich merkte schon am Telefon, dass mir meine Anrufer das Gespräch aus der Hand nahmen. Wenn das Konto immer leerer wird, sind das schon harte Entscheidungen.
Viele Sexarbeiterinnen planen, nicht lange in diesem Job zu bleiben, bleiben es dann doch. Glaubst Du, dass gerade auch Anfängerinnen sich zu Beginn eine Exit Strategie überlegen sollten? Stichwort: berufliche Neuorientierung Ich würde einen Punkt früher ansetzten und ihnen sagen wollen, dass sie es sich schon vor Beginn sehr genau überlegen, was sie wollen. Sex gegen Geld kann ein guter Nebenjob sein um Schulden zu begleichen oder das Studium zu finanzieren. Es kann aber auch ein stimmiges Geschäftsmodell sein, dass dich und deine Familie ernährt. Ich bin überzeugt, wenn man das Ziel kennt ist es einfacher den Weg hindurch oder vorbei zu finden.
Welche Vorteile und Nachteile siehst Du im Bereich Sexarbeit? Für mich ist es ein ganz klarer Vorteil auf selbstständiger Basis zu arbeiten und mich und meine Zeit selbst organisieren zu können. Es gibt so viele unterschiedliche Geschäftsmodelle die es einer Mutter erlaubt am Nachmittag für die Kids da zu sein und der Partymaus einmal mehr im Jahr in den Urlaub zu düsen oder jemanden dabei hilft seine Sexualität auszuleben. Ein gravierenden Nachteil hat der Job, er wird mit wenig Respekt in der Gesellschaft bedacht. Das macht es nach Feierabend oft schwer und führt bei vielen von uns dazu, dass sie sich mit der Zeit isolieren.
Planst Du, Dich auch weiterhin für die Rechte von SexarbeiterInnen zu engagieren? Auf welchem Gebiet engagierst Du Dich am liebsten? Mein Ziel ist es das Bild von Sexarbeit zu verändern. Sexarbeit wird leider immer noch mit den alten Klischees und düsteren Bildern verbunden. Das werde ich ändern und bis ich es erreicht habe mache ich weiter. Die Gesellschaft und Politik sollen sehen, was Menschen auf beiden Seiten der Sexarbeit erleben. Ich möchte davon erzählen, was es für schöne Begegnungen gibt und wo die wirklichen Probleme liegen. Darum produziere ich Videos zum Thema.
Vielen Dank für das Interview!
https://www.kaufmich.com/magazin/kondome-nerven-eine-anleitung-vom-profi/
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