SexarbeiterInnen verdienen gleiche Rechte weltweit! Die Autorinnen und Sexarbeiterinnen Juno Mac und Molly Smith diskutieren in ihrem neuen Buch"Revolting Prostitutes - The Fight for Sex Workers Rights" in feministisch-marxistischer Perspektive den politischen Kampf um die Rechte von SexarbeiterInnen weltweit. Wie schaden Prostitutionsgesetze SexarbeiterInnen in aller Welt? Es ist ein politisches Buch, das einen Schwerpunkt auf die Themen Sicherheit und das Überleben von Sexworkern legt. Dabei gilt das Interesse der Autorinnen besonders den prekären Bedingungen von SexarbeiterInnen, die aus dem Job aussteigen wollen. Anders als in vielen Büchern und Publikationen geht es in diesem Buch nicht um das sog. Empowerment und die Frage, ob Sexworker ihre Arbeit gerne tun und sie geniessen (Happy Hooker Narrativ). Die Autorinnen stellen dagegen klar, dass die Sexindustrie sexistisch und frauenfeindlich sei. Deshalb liegt der Fokus dieses Buches auch auf Verletzungen, die durch Gewalt, Verhaftungen, Ausbeutung, Vertreibung und Deportation von SexarbeiterInnen weltweit und täglich entstehen.

 

Sexworker als Überlebende
Sexworker, die sich als „Überlebende“ (survivors) bezeichnen, wurden in den letzten Jahren in der Sexworker Bewegung zunehmend laut. Ihre Erfahrungen von Gewalt und Kriminalisierung sind der Motor ihres politischen Aktivismus. Die Rede von der „glücklichen Hure“ hat üblicherweise keinen Platz für die unglückliche Sexarbeiterin, die den Job aus rein wirtschaftlicher Notwendigkeit und aus reinen Überlebenskampf macht. Denn worauf will man sich in diesem Kampf für die Rechte von Sexworkern berufen, wenn nicht auf die Menschenrechtsverletzungen an SexarbeiterInnen weltweit? Die Autorinnen machen ebenfalls klar, daß es in der Sexworker Rechte Bewegung eindeutig um die Rechte von SexarbeiterInnen geht, nicht um die Interessen von BetreiberInnen oder Manager von Prostitutionsstätten. 
Legalisierung schafft illegale Sexarbeit
Einen Schwerpunkt der Analyse dieses Buches nehmen Länder ein, in denen Sexarbeit legalisiert und reguliert ist wie z.B. Deutschland und die Niederlande. Paradoxerweise bedeutet die Legalisierung von Sexarbeit nicht automatisch, dass Sexarbeit tatsächlich legal ausgeübt werden kann. Legalisierung bedeutet nicht die Abschaffung von Kriminalisierung, sondern die Schaffung legaler UND illegaler Räume, legaler UND illegaler Sexarbeit.

 

Es sind nicht die privilegierten SexarbeiterInnen, um die es in diesem Buch geht, sondern es geht um all jene, die unter meist prekären Bedingungen illegalisiert arbeiten und damit eine prekäre kriminalisierte „Unterklasse“ innerhalb der Sexindustrie weltweit bilden. Damit sind jene Sexworker gemeint, die keine Krankenversicherung haben oder oft auch keinen Platz zum Schlafen.

 

Gemeint sind aber auch MigrantInnen, die Abschiebung befürchten müssen oder den Transfer ihrer Daten in ihre Herkunftsländer. Eine Anmeldung wird für sie zu einer unüberwindbaren Barriere. Dort ist Prostitution meist illegal und es birgt ein Outingrisiko. Damit bleibt es für sie schwierig, jemals einen legalen Status zu erlangen. Viele arbeiten daher unter illegalen und damit kriminalisierten Bedingungen und sind mehr Gewalt ausgesetzt und weniger zugänglich für Hilfsangebote. 
Vorbild Neuseeland?
Die Autorinnen schauen auf das Vorzeigemodell Neuseeland, wo Sexarbeit entkriminalisiert wurde. Aber auch hier schütten sie Wasser in den Wein, indem sie darauf aufmerksam machen, dass man dort Migrantinnen in der Sexarbeit nicht schützt, sondern in ihre Herkunftsländer abschiebt. Migrantinnen können in Neuseeland in der Sexarbeit nur illegal arbeiten und können keine Rechte geniessen, die für neuseeländische Sexworker gelten. Übrigens gibt es in Neuseeland ebenfalls ein Lizensierungsmodell für große und kleine Betriebe. Ausserdem eine allgemeine Kondompflicht für Kunden UND SexdienstleisterInnen und es hagelt bei Verstoß hohe Bussgelder.

 

Insgesamt ein sehr kämpferisches und lesenswertes Buch. Die Verfasserinnen denken auch eine Welt ohne prekäre Sexarbeit, ohne Armut und Kriminalisierung mit. In dieser Welt gibt es idealerweise nur noch SexarbeiterInnen, die ihren Job gerne tun und die sich zu den glücklichen Huren zählen dürfen.  Allerdings wurde die aktuelle Rechtslage in Deutschland nicht korrekt recherchiert und ihre Darstellung enthält Fehler, was das Thema Gesundheitschecks betrifft. SexarbeiterInnen unterliegen keiner verpflichtenden Gesundheits- und STI Untersuchung, sondern einer verpflichtenden gesundheitlichen "Beratung". Aber das ist auch das einzige, was man an diesem Buch kritisieren kann.

 

Bezugsquelle: 
Revolting Prostitutes: The Fight for Sex Workers’ Rights by Juno Mac & Molly Smith

 

Verlag Verso

 

London New York 2018

 

+++ Interview mit den Autorinnen und Sexarbeiterinnen auf Dazeddigital +++
 

 

Written by Susi


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