Wie sieht die Zukunft der Sexarbeit aus? Kann Sexarbeit in Zukunft noch anonym und diskret ausgeübt werden? In Corona Zeiten geht es bei einem Sex Date um die Nachverfolgbarkeit der Kundenkontakte. In vielen Bundesländern dürfen Prostitutionsstätten mit Auflagen und Hygienekonzept wieder öffnen. Dies ist der erste Teil einer vierteiligen Reihe über die Zukunft der Sexarbeit. Weitere Themen: Teil 2. Sind Bordelle noch zeitgemäß? Teil 3: Ist der Straßenstrich ein Arbeitsplatz mit Zukunft? Teil 4: Wie sieht der politische Aktivismus für Sexworker Rechte der Zukunft aus?

 

Aufzeichnung von Kundendaten

Kunden müssen jetzt in Corona Zeiten ihre Kontaktdaten im Puff und anderen Prostitutionsstätten hinterlegen bzw. einer unabhängigen Escortdame bekannt sein. Falls es zu einem Corona Ausbruch kommt und Kunden falsche Daten angeben, schlägt dies auf die gesamte Branche zurück. Die von Behörden bereits jetzt schon als nicht vertrauenswürdig und unzuverlässig eingestufte Sex Branche hätte dann mit einem zusätzlichen Ansehensverlust zu kämpfen. Was in der Folge wiederum auf repressive Verordnungen hinauslaufen kann.

 

Wir starten hier mit einer 4-teiligen Serie über die Zukunft der Sexarbeit und der Frage, inwieweit das Diskretionsversprechen der Sex Branche in Zukunft noch wirksam sein kann und soll.

 

Aber wie sieht die Zeit nach Corona aus?

Escorts, Sexworker brauchen Schutz und Online Security. Aber auch einen Künstlernamen, um sich vor Stalkern, Liebeskaspern und Erpressern zu schützen. Schliesslich gibt es sie in dieser Szene auch in grosser Zahl. Andere Sexworker arbeiten ohne Anmeldung und möchten unerkannt bleiben. All dies nutzen manche Kunden aus, um Sexworker unter Druck zu setzen, zu beleidigen, zu betrügen, zu erpressen und Schlimmeres.  Wenn Kunden anonym Gewalt gegen Sexarbeitende ausüben können - und dies ist leider nicht so selten - kommen die Täter im Regelfall ungeschoren davon. Die Täter fühlen sich im Dunstkreis der Anonymität sicher. Online und offline.

 

Viele Sexworker wollen sich durch eine Anzeige bei der Polizei nicht als Prostituierte outen, weil Prostitution als Beruf extrem stigmatisiert ist. In vielen Köpfen herrscht noch die Vorstellung, dass die Vergewaltigung einer Prostituierten keine Straftat ist, weil sie als Mensch 3. Klasse betrachtet wird. Dies wiederum bestärkt Täter in ihrem anonymen Handeln. Die Ursachen des Prostitutionsstigmas liegen im Sexualstigma und im Tabuthema Geld begründet: es wird nicht öffentlich über Sex geredet und Geld wechselt in reproduktionsloser Absicht den Besitzer. Sexualität ist gesellschaftlich noch immer an ein Monogamie-Gebot geknüpft, die Versorger-Ehe immer noch gelebtes Rollenmodell und die Erwartung an Frauen, die Nachkommenschaft zu sichern. Und das bedeutet die Existenzgrundlage eines jeden Staates. In diesem Zusammenhang muß man das Prostitutionsstigma betrachten und warum Sexarbeit allgemein eben nicht als normaler Beruf betrachtet wird. Das Hurenstigma wird in einer patriarchalen Gesellschaft von Bürger:innen als Mittel eingesetzt, sexuell aktive Frauen als Schlampe und abfällig als Nutte zu bezeichnen. Solche Frauen werden damit moralisch in ihre Schranken verwiesen. Die Herabsetzung und Herabwürdigung erinnert sie daran, dass für ein aktives Sexleben als Frau keine Anerkennung zu erwarten ist. Ein Mann erfüllt hingegen dazu seine ihm zugeschriebene "normale" Rolle, wenn er Sex mit wechselnden Sexualpartner:innen hat.

Der Preis der Anonymität ist hoch

Der Preis der Diskretion und Anonymität ist hoch und es ist die Frage, wie man das Business für alle Beteiligten in modernen Zeiten sicherer machen kann.

 

In Situationen, wo man Kunden nicht ablehnen kann, ist das Risiko höher, auf übergriffige, Tabu verletzende, sprich grenzüberschreitende Kunden zu treffen, die ein NEIN nicht respektieren.  Ein Kundenscreening vor einem Date, selbst am Strassenstrich, schützt nicht vor Überraschungsmomenten mit einem Kunden. Wenn man allerdings alle Daten des Kunden hat (am Strassenstrich die Weitergabe des Autokennzeichens an Kolleginnen), die Telefonnummer und den Klarnamen (wie es beim Kundenscreening durch Escorts in den USA aufgrund der Kriminalisierung lange üblich ist), kann man in Deutschland im Notfall Hilfe rufen und eine Anzeige erstatten, weil man alle Daten vorrätig hat.

 

In einem Bordell, wo üblicherweise keinerlei Aufzeichnung der Kundendaten (außer im Corona Betrieb) erfolgt, ist die Chance für Täter groß, unerkannt zu entkommen. Denn auch die Security ist nicht immer präsent.

 

Persönlichkeitsrechte der Kunden

Es geht hier also nicht nur darum, die Persönlichkeitsrechte von (verheirateten) Kunden zu schützen, die ihr Treiben geheim halten und ihr Privatleben schützen wollen. Sie wollen auch umgekehrt nicht Opfer von Erpressung, Belästigung, Betrug und (Beischlaf-) Diebstahl sein.

 

Es geht vor allem auch um die Sicherheit verletzlicher Sexworker und ihren Persönlichkeitsrechten. Und zwar im Sinne, dass Sexarbeit für die meisten Sexworker nun einmal eine verletzliche Situation darstellt. Im Prinzip handelt es sich um ein Machtgefälle, wenn Kunden die Kriterien festlegen können, unter welchen Bedingungen Sexarbeit stattfindet und sie die Regeln diktieren können. Anonymität und Datenschutz kann also auch eine reine Schutzbehauptung sein, die vor Strafverfolgung schützt.

 

Asymetrisches Machtverhältnis zwischen Kunde und Escort

Eine Hure befindet sich nun einmal in einer verletzlichen Position gegenüber Kunden und angriffslustigen Männern, wenn sie alleine oder isoliert arbeitet. Belästigungen und Beleidigungen schon während der Kontaktanbahnung sind ja leider durchaus üblich. Auch die Reichweite von Kolleginnen bietet oftmals keinen Schutz. Wenn eine Sexarbeiter:in anonyme Gäste in ihrer Wohnung oder im Hotel empfängt, kann sie im Ernstfall keine Anzeige erstatten. Von der Abschaffung der eigenen Privatsphäre ganz zu schweigen, wenn eine Hure nicht in einer Arbeitswohnung, sondern isoliert in ihrer Privatwohnung anschafft. Und das ist ja häufig der Fall. Nicht erst seit Corona Zeiten.

 

Dilemma zwischen Persönlichkeitsschutz und Anonymität

Wir haben es hier also mit einem echten Dilemma zu tun. Der Anspruch auf Persönlichkeitsschutz, Anonymität und Diskretion für die Kunden einerseits, fehlende Sicherheit und Persönlichkeitsschutz sowie Verletzlichkeit von Sexarbeitenden andererseits. Denn sie sind es, die ja trotz Künstlernamen durch Werbung und anonyme Erfahrungsberichte öffentlich sind und Intimität mit Fremden teilen.

 

Die Verletzlichkeit sinkt natürlich in Abhängigkeit vom angebotenen Service: eine unberührbare Domina kann ihre Sklaven problemlos auf Distanz und unter Kontrolle halten. Eine Sklavia kann in einem SM-Studio hoffen, im Notfall Hilfe zu erhalten. Dies ist auch der Grund, warum devote Sklavias im Regelfall in geschützten Räumen eines Studios arbeiten, auch in Gegenwart einer Domina. Aber auch dort besteht ein Restrisiko, wenn man mit dem Kunden allein ist, ein einvernehmliches Spiel kippt und Grenzen gegen den ausdrücklichen Willen überschritten und man gegen die S-S-C-Regel verstößt.

 

 

 

Was wiegt schwerer? Was ist Euch wichtiger? Diskretion oder Sicherheit?

 

 

 

Diese Frage möchten wir Euch, der Kaufmich Community stellen, und mit Euch das schöne Thema "Diskretion" diskutieren. Wie kann Sexarbeit im 21. Jahrhundert, die Sexarbeit der Zukunft aussehen? Schreibt Eure Meinung in den Kommentarteil und diskutiert mit!  

 

Plus Mitgliedschaft  

 

 

 

 

 

Written by Susi


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10 comments

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In den USA gibt es wegen der Kriminalisierung ein Kundenscreening, dass nicht nur die Daten und Adresse des Arbeitsplatzes des Kunden abruft, sondern es werden Referenzen von Kolleginnen eingeholt. Wenn der Kunde zwei positive Referenzen hat, gibt es grünes Licht. Das liegt auch daran, dass die Cops im Underground unterwegs sind und man sich natürlich schützen muss, damit sich der Kunde nicht als Cop herausstellt. Ansonsten finde ich ein Referenzsystem sehr gut, da es die Diskretion wahrt. Ein wenig helfen auch Erfahrungsberichte weiter, sofern sie echt sind. Insofern meine ich in meinem Beitrag, dass dieses Referenzsystem auch bei uns sinnvoll einsetzbar wäre, wobei die Diskretion gewahrt bleibt. Damit kann man sich vor Fakes und gefährlichen Kunden schützen. lg Susi Kaufmich Team

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Ich habe jetzt schon ein paar mal durch Zufall mit bekommen, dass der mir gegenüber genannte Name tatsächlich der richtige Name des Kunden war und war etwas perplex. Dann dachte ich "aha" und das war's. Ich wüsste wirklich nicht was ich weiteres damit anstellen sollte. Ich meine, nur weil ich den Namen weiß, weiß ich ja noch lange nicht wo die Person wohnt oder ob sie verheiratet ist. Und selbst wenn, was für ein Interesse sollte ich haben, diese Informationen gegen meine Kundschaft zu verwenden? Ich will doch, dass sie wieder kommen und überhaupt wüsste die Person doch sonst auch, wie und wo die Polizei mich finden kann, also so schwierig wäre das bei einer tatsächlich stattgefundenen Straftat ja jetzt wirklich nicht. ^^ Vielleicht bin ich naiv aber spätestens seit Corona und den ersten Kontaktbögen, die ohne murren ausgefühlt wurden, hab ich mich echt gefragt, was dieser ganze Schnickschnack mit den falschen Namen nochmal soll.

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Diskretion und Sicherheit Beides das schreit nach kreativen, fairen Lösungen

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Ohne Diskretion könnte ich mein P6-Leben schlicht vergessen. So einfach ist das.

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Natürlich kann man Grippeviren via Test nachweisen. Macht jedes Krankenhaus im Verdachtsfall und dauert ca 30-60Minuten. Aber jeder Grippeimpfstoff wird hergestellt, in der Annahme, wie sich der Virus verändern wird unter Hinzunahme der Daten der gegenüber liegenden Erdkugelseite, um zu sehen wie sich der Virus verändert hat....ob er dann hier wirksam sein wird oder ob sich der Virus dann doch anders verändert hat bleibt offen. Es gibt also auch bei Grippeimpfung keinen 100%igen Schutz. Aber was soll ein Covid19 Impfstoff bewirken? Eh der wirklich alle erforderlichen Tests durchlaufen hat, dauert es...bis dahin kann sich der Virus auch schon mehrfach verändert haben, und was bringt er? Laut neuesten Studien gibt es selbst bei überstandener Covid19 Infektion und Erkrankung keine dauerhafte Immunität. Wie lange die Immunität anhält ist auch noch nicht abschließend geklärt. Ist es das Risiko wert, sich mit einem neuem Impfstoff impfen zu lassen, welcher evtl nicht so intensiv getestet wurde wie jeder andere Impfstoff, bevor er zugelassen wird?

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.. wenn die Datensicherheit garantiert (!) wäre und das beidseitig erfolgt, dh. beide Parteien im Rahmen einer Strafverfolgung identifiziert werden könnten. Denn nur das schafft größtmögliche Sicherheit. Ich hoffe, ihr könnt die Kommentare zusammenführen @CM-Team.

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.. schön, dass bereits die ersten Kommentare vom eigentlichen Thema abweichen ;-) Jede Dame bietet ihren Service nach eigenen Regeln an und ist damit für die Wahrung ihrer Identität, Ihren Schutz etc. selbst verantwortlich. Wenn eine SDL in ihrer Privatwohnung empfängt, wo ihr Klarname an der Klingel steht, nimmt sie das doch bewusst in Kauf? Es gibt viele Wege, das Risiko zu minimieren .. ausschließen kann man es leider nie. Es stimmt, dass den Freiern i.d.R. mehr Anonymität gegeben ist aber auch hier sind es die lieben Damen, die bestimmen, welche Bedingungen ein Gast erfüllen muss. Ist Not und Abhängigkeit der größere Faktor bei der Berufsausübung, sieht es damit natürlich schlecht aus, das ist wohl wahr. Jedoch bringe sich auch hier viele Frauen selbst in diese Situation .. ohne die teils schwierigen Umstände relativieren oder verharmlosen zu wollen .. nein, wirklich nicht. Meinem Empfinden nach sind es keinesfalls die Kunden, die bestimmen, zu welchen Bedingungen P6 stattfindet. Die Kunden sind zwar diejenigen, die die Nachfrage darstellen jedoch bedarf es nach den bekannten Regeln der Marktwirtschaft einen Schnittpunkt mit dem Angebot, welches die Escort festlegen. Wenn beides nicht zusammenpasst, kann eine DL eben nicht stattfinden. Zu guter Letzt: Ich persönlich würde einer „treuhänderischen“ Verwaltung meiner Identifikationsdaten zustimmen, wenn

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Ich denke, die Sex Branche muß sich auf eine langfristige Krise mit sinkenden Umsätzen einstellen. Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit werden uns in Zukunft noch begleiten und natürlich auch die Angst vieler Kunden - nicht nur aus Risikogruppen -, die sehr vorsichtig sind und dann lieber auf den Spaß verzichten, als sich einem Gesundheitsrisiko auszusetzen. lg Susi Community Management

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"Es gibt seit Jahren noch keinen Impfstoff gegen SARS-Viren, wieso soll es jetzt plötzlich bei SARS-CoV-19 gleich gelingen?" Weil es bisher keinen Grund gab, so intensiv und mit allen Kräften nach einem Impfstoff zu forschen, wie dies jetzt geschieht. CoV-19 hat oberste Priorität, und jede forschende Firma will die erste sein, die einen Impfstoff auf den Markt bringt. DESHALB. Die restlichen Übertreibungen sind genauso gegenstandslos. Niemand gewöhnt sich an Masken, wenn er sie nur an bestimmten Orten tragen muss.

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Aber wie sieht die Zeit nach Corona aus? - Es wird keine Zeit nach Corona geben. Die Grippeviren begleiten die Menschheit auch schon seit Jahrhunderten, nur es gab keinen Test um sie nachzuweisen. Jetzt verdient sich eine Firma (ganz nach Otto Waalkes) nicht nur dumm sondern auch noch dämlich an den Test. Es gibt seit Jahren noch keinen Impfstoff gegen SARS-Viren, wieso soll es jetzt plötzlich bei SARS-CoV-19 gleich gelingen? Dann noch die FDA Zulassung, die dauert auch 3 bis 5 Jahre. Bis dahin haben sich alle an das Tragen einer Maske gewöhnt und man hat Angst vor anderen Menschen. Wehe einer hustet mal in der Öffentlichkeit, der wird bestimmt gleich gelyncht.

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