Liad Hussein Kantorowicz ist Performance Künstlerin, Aktivistin und Migrantin. Ihre Performance Kunst kreist um soziale und politische Themen.
Eine Performance beschreibt einen künstlerischen Prozess als körperliche Handlung. Liads Performance mit dem Titel "Unidentified" ist eine revolutionäre Intervention! Denn ihre Performance im
Schwulen Museum Berlin (SMU) drückt den Protest von SexarbeiterInnen gegen die Zwangsregistrierung aus.
Hurenpaß und Zwangsregistrierung
Deshalb ist ihre Performance "Unidentified" auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Hurenpass. Denn nach dem neuen
Prostituiertenschutzgesetz ist das Tragen des Hurenpasses bei der Arbeit Pflicht. Das ist die Registrierungskarte, die jede SexarbeiterIn bei sich tragen muß. Liad nutzt dabei Zitate verschiedener SexarbeiterInnen, die zur Aufführung kommen.
Wie setzen sich SexarbeiterInnen mit dem Hurenausweis auseinander? Wie fühlen sie sich angesichts der
Zwangsregistrierung als "Prostituierte"? Was geschieht mit den Daten in einer bundesweiten Huren-Datenbank?
Zwangsregistrierung gibt es in keinem anderen Beruf
Auch müssen sich in keinem anderen Beruf Angehörige mit ihrem Namen zwangsregistrieren. Es weckt bei vielen SexarbeiterInnen die Furcht, illegal zu arbeiten, wenn sie die Registrierung verweigern. Registrierung bedeutet auch, daß die bereits vorhandene
Stigmatisierung als "Hure", als "Prostituierte" weiter verstärkt wird.
Welche Bedeutung hat der Hurenpaß? Welche Auswirkungen hat er auf die Sexworker? Die Performance erfaßt die körperliche, emotionale und psychische Dimension, was es bedeutet, registriert zu werden.
Der Körper wird zur Kampfzone
Hier wird der Körper zur Kampfzone: Liad schreibt mit einem Lippenstift Buchstaben und Zahlen aus dem Hurenpaß auf ihren Körper und drückt ihn auf Papier. Aus dem Off sind die unsichtbaren Stimmen vieler SexarbeiterInnen zu hören. Unsichtbar, illegal.
Der Hurenpaß verstärkt die schon vorhandene Stigmatisierung und Selbst-Stigmatisierung. Die Zeichen auf dem Körper der Künstlerin verdeutlichen dieses Stigma - das Schandmal. Eine unmenschliche Diskriminierung!
Furcht und Angst
FURCHT und ANGST löst die Zwangsregistrierung bei vielen SexarbeiterInnen aus. Die Farbe Rot dominiert: ein Alarmzustand.
Auch SexarbeiterInnen sind alarmiert: der Vergleich mit der Nazi-Zeit und dem öffentlichen Tragen des Davidsterns kommt nicht von ungefähr. Tatsächlich fand die letzte Hurenregistrierung während der Nazi-Zeit statt. Ausgrenzen, kriminalisieren, vernichten war damals die Devise. Das europäische Judentum wurde fast vollständig ausgelöscht. Auch Prostituierte landeten in Konzentrationslagern.
Paranoia
Wer weiß denn schon, in welche Hände die Huren-Datenbank heutzutage gerät und was mit diesen Daten gemacht wird?
Eine Sexarbeiterin erzählt, wie der Mitarbeiter eines Online Portals Druck auf sie ausgeübt hat, sie nach der Anmeldung fragte und meinte, daß sie ohne Anmeldung auf dem Portal nicht aktiv sein darf. Eine andere Sexarbeiterin spricht von Paranoia und Angst vor den Behörden. Was sie abhält, sich registrieren zu lassen.
Deshalb ist Liads Performance aktueller Ausdruck und Dokumentation über Sexarbeit in Berlin!
Die nächste Performance von Liad findet am 1. Juni um 17 Uhr im Schwulen Museum im Rahmen der Abschluss Zeremonie der Ausstellung Objects of Desire in Berlin statt!
Written by Susi