Der Frankfurter Verein Dona Carmen, der auch die Verfassungsklage gegen das neue Prostituiertenschutzgesetz auf den Weg brachte, hat ein knapp 200 Seiten umfassendes Handbuch für Dienstleister aus der Sexindustrie herausgebracht, wo 266 Fragen rund um das neue Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) beantwortet werden. Wie Dona Carmen im Vorwort schreibt, informiert das Handbuch kritisch und parteilich über Inhalte zum neuen Gesetz. Das Gesetz, so wird gleich klar gestellt, diene nicht dem Schutz, sondern sei ein Instrument der „Entmündigung und Entrechtung“ von Sexarbeiterinnen.

 

Fragen und Antworten Das handliche Büchlein umfasst 8 Kapitel und man findet auf einen Blick Fragen und Antworten zu den Themen Gesundheitsberatung, Anmeldepflicht, Sexarbeit in Privatwohnungen, Sexarbeit in Prostitutionsfahrzeugen und Prostitutionsveranstaltungen. Ein eigenes Kapitel ist dem Thema Kontrolle und Überwachung gewidmet.

 

Ausführlich wird auch die allein ausgeübte Prostitution in einer Privatwohnung besprochen. Hier stellt sich bspw. die Frage, ob nach dem neuen Gesetz ein Gewerbe angemeldet werden muss oder eine Erlaubnis beantragt werden sollte. Dies ist nicht der Fall. Nach dem neuen Gesetz liegt hier kein Gewerbe vor. Allerdings darf auch hier nur noch der Prostitution nachgegangen werden, wenn man zuvor eine gesundheitliche Beratung und die behördliche Anmeldung durchlaufen hat.

 

Anmeldung als Gelegenheitsprostituierte Dies gilt auch für Gelegenheitsprostituierte, die nur selten Gäste empfangen. Eine interessante Frage ist auch, ob Polizei und Behörden eine Privatwohnung betreten und kontrollieren dürfen. Dies ist nach dem neuen Gesetz jederzeit möglich. Das Kontrollrecht bezieht sich hier auf alle anwesenden Personen, auch wenn sie nicht der Prostitution nachgehen.

 

Im Kapitel Kontrolle und Überwachung wird darauf näher eingegangen. Es sind jederzeit Personenkontrollen möglich an Orten, wo der Prostitution nachgegangen wird. Egal, ob Wohnungen, Laufhaus, Bordell oder Clubs. Auch die Frage, ob man bei einer Kontrolle nur seinen Künstlernamen angeben kann, wird beantwortet. Dies ist nicht erlaubt und würde als falsche Namensangabe gewertet werden. Die Verweigerung von Angaben kann mit einer Geldbuße bis 1.000€ geahndet werden. Ausserdem kann man sich ein Bußgeldverfahren einhandeln, wenn man die Anmeldebestätigung nicht bei sich führt, nicht an der verpflichtenden Gesundheitsberatung teilgenommen hat und die entsprechende Bescheinigung nicht vorlegen kann.

 

Verbotene Prostitution in Sperrgebieten Ein anderer Aspekt betrifft die verbotene Prostitution, die es in Deutschland ja auch gibt. Dies ist dann z.B. der Fall, wenn man in Sperrgebieten arbeitet. Wenn man einmal erwischt wird, handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit. Wenn man allerdings mehrfach dagegen verstösst, kann man strafrechtlich verfolgt werden. Das kann eine Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten zur Folge haben.

 

Tatsächlich können Verstösse gegen das neue Gesetz auch zu einem Berufsverbot führen, weshalb man nicht mehr als Sexarbeiterin weiterarbeiten darf. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn man sich der Anmeldepflicht widersetzt oder im Beratungsgespräch eine Zwangslage festgestellt wird. Auffällig sind auch die Pflichtekataloge, die Dona Carmen zusammengestellt hat. Allein für SexarbeiterInnen werden 33 Pflichten aufgeführt, denen sie nachkommen müssen. Ein informativer Anhang mit dem Bussgeldkatalog und einer Übersicht aller 266 Fragen ergänzen dieses Buch.

 

Es lohnt sich in jedem Fall, einen Blick in dieses Buch zu werfen und sich umfassend zu informieren. Dieses Handbuch bietet eine Handreichung für die am meisten diskutierten Fragen rund um das neue Gesetz.

 

Wer trotz dieser Pflichten weiter in der Sexindustrie legal arbeiten will und nicht ganz die Branche wechseln möchte, dem sei Table Dance, Webcamen oder Amateur Porn empfohlen, da diese darstellerischen Charakter haben und vom neuen Prostituiertenschutzgesetz nicht betroffen sind.

 

Hier kannst Du das Buch erwerben:

 

„266 Fragen & Antworten zum ProstSchG“,

 

Erscheinungsdatum: Frankfurt, den 1. März 2017

 

ISBN 976-3-932246-89-0

 

Erhältlich bei Doña Carmen e.V. oder DVS Verlag für 12,90 €

 

Written by Susi


2 comments

Anonymous

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Das sehe ich genau so. Leider sind auf der anderen Seite "Hardliner" am Werk, die abstruse Theorien auf dem Fundament gröbster Schwarz-Weiß-Malerei aufgestellt haben. Die wissen alles besser, und vor allem wissen sie am besten, was für eine Prostituierte gut und was schlecht ist. Ich bin jetzt auf eine Gruppe aufmerksam geworden, die sich "Abolition 2014 - Für eine Welt ohne Prostitution" nennt. Die sind der Meinung, Sexdates sollten überhaupt kein Geld kosten. Sie sagen, dass Sexualität nur bei gegenseitiger Übereinstimmung in Bezug auf die sexuellen Handlungen auf Augenhöhe stattfinden sollte. Sobald aber eine finanzielle Entschädigung verlangt wird, ist die Augenhöhe nicht mehr gegeben. Willigt die Frau nur ein, weil sie auf das Geld angewiesen ist, besteht kein Einvernehmen über die sexuellen Handlungen, und der Freier gehört dafür bestraft. Die sind nicht bereit, einen Unterschied zwischen einer blaugeschlagenen Zwangsprostituierten und einer selbstbestimmten, unabhängigen Tantra-Masseurin zu sehen, denn bei beiden fließt Geld, beide verkaufen sexuelle Handlungen, folglich müssen beide vor den rücksichtlosen, ausbeuterischen Freiern beschützt und diese bestraft werden. Ich finde diese Einstellung widerlich und beleidigend - den selbstbestimmten Prostituierten gegenüber und nicht zuletzt auch den Kunden gegenüber.

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Anonymous

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Die neuen "Schutzgesetze" sind eine Ohrfeige für Demokratie und die Mündigkeit des Bürgers. Schutz / Hilfe, die jemand nicht will, ist Zwang. Zwang ist Gewalt. Ebenso sehe ich diese neuen Gesetze. Wahrscheinlich höre ich deswegen auch auf. Es gibt schöneres als sich von Behörden, schnüffelnden Cops und Ärzten erniedrigen zu lassen, nur, damit man weiter sein Geld verdienen kann. Deutschland geht den Bach runter. Alles im Namen von Schutz und Sicherheit. Bekannte Mechanismen, die sich immer wiederholen in der Geschichte. Wir sollten uns dagegen wehren. Sie entziehen uns die Lebensgrundlage, Würde und das letzte bisschen Freiheit damit. Aber gut, daß jemand so ein Buch schreibt für alle, die trotzdem weiter machen. Das klingt alles sehr übersichtlich, gut erklärt und praktisch.

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