In unserem heutigen Interview schließen wir an unsere Reihe Interviews mit deutschen und internationalen politischen Aktivist:innen an, die sich für die Rechte von Sexarbeitenden engagieren. Caspar von Transsexworks in Berlin, die insbesondere während Corona einiges auf die Beine gestellt haben, stellt die Arbeit der Gruppe vor.
Stelle Dich doch bitte kurz vor!
Ich heiße Caspar, bin Anfang zwanzig, lebe in Berlin und bin Trans- und Sexarbeits-Aktivist.
Seit wann engagierst Du Dich für die Rechte von Sexworkern?
Mit sechzehn war ich auf den ersten politischen Veranstaltungen zum Thema Sexarbeit. Damals ging es um das Prostituiertenschutzgesetz, was dann leider 2017 in Kraft getreten ist.
Ich bin nun seit sieben Jahren politisch aktiv und habe immer für feministische und LSBTIQ Themen gekämpft. Da war es für mich selbstverständlich, sich für die Rechte von Sexarbeiter*innen einzusetzen. In den letzten 2-3 Jahren hat sich mein Aktivismus in diesem Bereich verstärkt. Vor allem durch meine Arbeit bei Trans*Sexworks.
Warum bist Du sozial engagiert und kämpfst für die Rechte von Sexarbeiter:innen?
Sexarbeit ist immer noch stark stigmatisiert. Das hat auf der einen Seite, glaube ich, mit dem Thema Sexualität zu tun, mit dem auch 2020 viele nicht wissen, wie man mit umgehen soll.
Auf der anderen Seite spielen verschiedene Diskrimierungsformen eine Rolle. Wer arbeitet oft in der Sexindustrie?
Viele Migrant*innen, Frauen, Trans Personen, Queers, Menschen mit chronischen Erkrankungen und Be_hinderungen und viele, die arm und/oder verschuldet sind.
Auf dem Straßenstrich in Berlin sind viele Sexarbeiterinnen, deren Arbeit ihnen ermöglicht z.B. Schulden zu bewältigen, ihre Drogen- und/oder Spielsucht zu finanzieren und Menschen, die auf Grund von Wohnungs- oder Obdachlosigkeit, fehlenden Dokumenten und fehlenden Abschlüssen keine andere Arbeitsmöglichkeit bleibt.
Sexarbeit ist nicht der Grund für diese Diskiminierungserfahrungen oder schuld an der Armut von Menschen, sondern der Kapitalismus. Daher ist es quatsch, Sexarbeit zu bekämpfen, z.B. durch eine Freierbestrafung oder ein Sexkaufverbot. Wir müssen die Rechte von Sexarbeiter*innen stärken und Diskriminierung und Armut bekämpfen.
Du engagierst Dich bei Trans*Sexworks. Erkläre uns bitte, was Trans*Sexworks genau ist und welche Rolle Du in der Gruppe spielst?
Trans*Sexworks ist ein Projekt in dem trans Sexarbeiter*innen anderen trans Sexarbeiter*innen unterstützen. Auch setzen wir uns ein für die Rechte und Bedürfnisse von trans Sexarbeiter*innen. Wichtig ist uns, mit migrantischen und Straßensexarbeiterinnen zusammen zu arbeiten. Ich bin Teil von der Orga, also der Gruppe, die alles organisiert.
Wie groß ist Eure Gruppe und seit wann existiert sie?
Wir sind eine Gruppe von ca. 20 Personen. Die Organisation wird aber nur von 3 Personen gemacht. Es ist schwierig Menschen zu finden, die Zeit haben, ehrenamtlich die Orga zu machen.
Wir freuen uns sehr über weitere Personen, die in der Orga helfen wollen! Das Projekt gibt es seit sechs Jahren und angedacht war, ein bundesweites Netzwerk aufzubauen. Das haben wir immer noch vor, auch wenn zur Zeit unsere Arbeit überwiegend in Berlin stattfindet. Wir freuen uns daher über jede*n trans Sexarbeiter*in, der*die mit uns Kontakt aufnimmt, ganz besonders über Menschen ausserhalb von Berlin!
Ihr habt einen fantastischen Social Media Auftritt hingelegt. Wer steckt dahinter und wer produziert die Beiträge?
Danke! Das mache ich. Das ist jetzt nicht mega professionell, aber ich weiß, dass es heutzutage natürlich wichtig ist, einen guten Social Media Auftritt zu haben. Da fließt natürlich auch viel Arbeit rein. Folgt uns gerne auf Instagram
@transsexworks und auf Facebook "
Trans Sexworks Berlin".
Ihr habt kürzlich einen Soli-Koch-Event in Berlin veranstaltet. Welche Aktionen plant Ihr noch?
Das Koch-Event lief super und wir wollen das nun regelmäßig machen. In den letzten Monaten waren wir natürlich durch Corona sehr im Stress. Nun wollen wir langsam wieder - natürlich mit Hygienekonzepten - Veranstaltungen machen.
Eine Überlegung ist es eine Führung durch den Bülow-Kiez wo angeschafft wird zu machen. Wir produzieren zur Zeit auch einen Kurzfilm über unsere Arbeit während des Lockdowns und werden den bald zeigen.
Auch ein geschlossenes Angebot nur für trans Sexarbeiter*innen soll es weiterhin geben. Es gibt die Überlegung regelmässige Ausflüge für trans S*xarbeiter*innen zu organisieren (z.B. schwimmen gehen) und neues gemeinsam zu lernen (z.B. Fahrradfahren, Deutsch sprechen).
Welche Ziele verfolgt Transsexworks und mit welchen Mitteln macht Ihr auf Eure politische Arbeit aufmerksam?
Wir wollen trans Sexarbeiter*innen empowern und aus prekären Verhältnissen rausholen. Uns ist auch wichtig in der Sexarbeits-Community über das Thema "Trans" aufzuklären, so wie in der Trans Community über das Thema "Sexarbeit". Durch Social Media, Interviews, unseren Film von 2017 und durch Workshops und Vorträgen, machen wir auf unsere Arbeit aufmerksam. Wir führen auch Gespräche mit anderen Organisationen und mit Politiker*innen.
Hast Du ein Thema, das Dir am Herzen liegt und was Du hier noch ansprechen möchtest?
Sexarbeit ist Care Arbeit! Nicht nur ist Sexarbeit eine Arbeit, sie ist zudem auch eine wichtige Arbeit. Menschen haben kein Recht auf Sex, aber ein Recht auf Sexualität. Das Buchen von erotischen und sexuellen Dienstleistungen ist für viele Menschen die einzige Möglichkeit, eine Sexualität ausleben zu können.
Für manche Kund*innen sind Sexarbeiter*innen ein Beziehungsersatz und ein wichtiger sozialer Kontakt. Das ist eine sehr wichtige Arbeit, die viele Leben positiv beeinflusst. Darauf können Sexarbeiter*innen stolz sein!
Vielen Dank Caspar für das Interview! Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg bei Eurer wichtigen Arbeit.

Kennst auch Du Deine Rechte?
Written by Susi
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