Es gibt gute und schlechte Nachrichten. Erst die Gute.

 

Ich war in diesem Sommer verreist.

 

Das Sex Worker Freedom Festival und offizieller Weltaidskonferenz Hub fand vom 21. bis 27. Juli in Kolkata, Indien statt, parallel zur XIX Weltaidskonferenz in Washington.

 

Historisch einmalig in der Geschichte. Es ist zwar nicht das erste Mal, dass es Konferenzen von und für Sexworker gibt, es gibt eine Tradition von etwa 30 Jahren mit meist regionalem Schwerpunkt. Ein internationales Gipfeltreffen dieser Art ist ungefähr vergleichbar mit der erfolgreichen Landung auf dem Mars oder einem 100m Rekord eines Usain Bolt. Bild-6-300x224Eine Konferenz dieser Grössenordnung und Reichweite mit etwa 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus mehr als 42 Nationen hat es in der Vergangenheit allerdings nicht gegeben. Im Kontrast steht dazu das Schweigen der deutschen Medienberichterstattung bei diesem Ereignis. Alle Kameras waren nur auf  Washington gerichtet. Dort wird eben die Musik gespielt. Dabei haben wir Sexworker und politischen Aktivisten einiges zu sagen, was allerdings nicht im Sinne bestimmter konservativer Kreise, auch der Pharma-Lobby ist, die unseren Zugang zu gesundheitlichen Diensten und erschwinglicher Generika in den ökonomisch schwächeren Ländern so gut wie ausschliesst. Wer meinen Konferenzbericht dazu lesen möchte, er ist hier auf dem Blog der Deutschen Aidshilfe erschienen.

 

Warum Indien? Für Sexarbeiter_Innen, aber auch Drogenkonsumenten besteht Einreiseverbot in den Vereinigten Staaten, weil wir als kriminell gelten. Also auch Hobbyhuren. Da es uns üblicherweise nicht ins Gesicht geschrieben steht, machen wir im Regelfall auch ungestört Urlaub in den USA. Indien, weil Kalkutta im Bundesstaat West-Bengalen liegt, wo die grösste Sexworker-Gewerkschaft DURBAR mit 65.000 Mitgliedern ihre Wurzeln hat. Einer der beiden Gastgeber, zusammen mit NSWP (Global Network of Sexwork Projects).Bild-02-300x177 In den U.S. ist Prostitution eine strafbare Handlung (bis auf drei Councils im Bundesstaat Nevada - ohne Las Vegas - mit einigen wenigen lizensierten Bordellen und zwangsregistrierten Escorts, die allwöchentlich einen Gesundheitscheck bei den Behörden machen müssen, ähnlich wie in Wien), entsprechend schwer sind die Arbeitsbedingungen für sie, noch mehr für die Mehrheit meiner Kolleginnen und Kollegen, die in der vollständigen Illegalität leben. Für Sicherheit und Schutz keine guten Voraussetzungen. Aber auch Kunden sind kriminalisiert, das bedeutet, sie müssen mit Bußgeld, Verhaftung und Gefängnisstrafen sowie öffentlichem Outing - vollständiger Name und Gesicht - in Internet und Medien rechnen und die ganze bürgerliche Existenz ist futsch. Trotzdem findet Prostitution statt, wie man über Jahrhunderte immer Mittel und Wege gefunden hat, diese auszuüben. Die Bedingungen vor Ort machen die Arbeit für alle Beteiligten unsicher und gefährlich.

 

Bild_0624-300x224Und so komme ich zur schlechten Nachricht: Auch in Europa ist die Verbotsentwicklung und der Ruf danach inklusive der Kriminalisierung des Kaufs sexueller Dienstleistungen in den letzten zehn Jahren rasant gestiegen. Eine Novellierung des deutschen Prostitutionsgesetzes steht ebenfalls an, der Forderungskatalog enthält auch diesen Punkt. Dieses Gesetzesvorhaben ist bislang noch wenigen bekannt und liegt seit einem Jahr im Ministerium, aber der Wahlkampf hat jetzt begonnen und man schreitet zur Tat:

 

 

 

Der schwarze Krings: http://bit.ly/OwUbli Der grüne Beck: http://bit.ly/O7clQm Über die geplanten Gesetzesänderungen und welche Konsequenzen sich für Escorts und Kunden daraus konkret ergeben würden, informiere ich alsbald hier im Kaufmich-Blog. Auch werde ich Vorschläge ausarbeiten, die ich hier zur Diskussion stelle.

 

 

 

 

 

* Die Bilder zeigen die Sexworker Demonstration in Kalkuttas Rotlichtbezirk Sonagashi, eines der grössten Rotlichtviertel Süd-Ost-Asiens. Wir waren mehr als 3000 Teilnehmer und legten einen 2.5 Std. Fussmarsch durch den Bezirk hin. So kann man sich die Grössendimension etwa vorstellen.

 

Written by Ariane G.


4 comments

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Erlaubnispflicht, je nach Auslegung vielleicht sogar eher Segen als Fluch. Ich kann nur als Freier eines Sagen, wenn eine Erlaubsnispflicht sinnvoll eingesetzt wird, bestünde vielleicht sogar die Möglichkeit sich mit so mancher reizvollen Dame auch zu Unterhalten. Ich kann weder Thai, noch Slawisch, Russisch, Brasilianisch, usw usw. . . es würde vielleicht auch damit der ein oder anderen Zwangsprostitution ein Riegel vorgeschoben. Ich glaube kaum, das das soweit geht wie in Amerika. Der deutsche Fiskus wird wissen was er an euch Liebesdamen hat. Warten wir mal was da kommt, bevor man die Pferde unnütz über die Weide scheucht. .-)

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Gegen die rechtliche Einordnung als Gewerbebetrieb hab ich persönlich nichts einzuwenden und Prostitution gilt längst als Gewerbe, wird auch beim Finanzamt so klassifiziert. Es geht um die "Verschärfungen", z.B. die Auswirkungen einer Erlaubnispflicht, auf die ich in einem anderen Blog eingehen werde. Aber danke für deinen Kommentar.

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**Zitat**So sollten Bordelle etwa rechtlich als Gewerbebetriebe definiert werden: "Damit unterliegen sie der Gewerbeaufsicht und hygienische, soziale und rechtliche Vorgaben wären dann durch die Behörden kontrollierbar und durchsetzbar." **Ende** was ist daran auszusetzen, wenn so etwas angestrebt wird. Als Mann und Freier geht man aus so manchem Bordell oder aus der Hostessenwohnung rückwärts wieder raus. Wie aus einer Kneipe die einem beim Betreten schon ein unwohles Gefühl anhand von Geruch oder Sauberkeit unterbreitet. Es gibt Wohnungen, wo man laut Aussage nicht mal Duschen kann !!! ??? als Freier - wie macht das die Dame bei XY Kunden am Tag, Laufhäuser, wo einem der Ekel schon in die Nase steigt vor lauter Schweisgeruch. Ob das den Damen gefällt ist die andere Frage wenn Sie in so einem Etablissement Arbeiten, wobei hier meist eh wenig oder kein Deutsch gesprochen wird. Wie weit die dort freiwillig und selbstbestimmt Arbeiten ist eine andere Frage, aber mit einer Kontrolle zwecks Hygiene würden solche Läden einfach dicht gemacht. Und das wäre glaube ich das beste für die, die dort Arbeiten müssen.

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