Nun hat es endlich stattgefunden: das internationale Sexworker Treffen in Lyon/Frankreich anlässlich des 40. Jahrestages der Kirchenbesetzung St. Nizier, wo etwa 100 Prostituierte die Kirche gestürmt und tagelang besetzt hatten. Dies war Anlass für die französische Huren Gewerkschaft
STRASS eine zweitägige Konferenz in Lyon zu organisieren und eine grosse Demonstration am 2. Juni stattfinden zu lassen. Man muss generell sagen, dass die Gewerkschaft STRASS viele Sexworker erreicht und mobilisieren kann. Da hängen wir in Deutschland noch total hinterher. Allein drei Sexarbeiter-Demonstrationen finden im Juni in Frankreich statt.
Die Konferenz war gut besucht. Etwa 80-100 Teilnehmer aus Frankreich und aller Herren Länder waren dabei: Neuseeland, Grossbritannien, China, die Schweiz, Deutschland, die Niederlande und Spanien: SexarbeiterInnen sowie befreundete Aktivisten und Verbündete im Streit um die Rechte von Sexarbeiterinnen trafen sich an einem kleinen Konferenzort, dem Centre Aris in Lyon, dass sich sonst für LGBT-Rechte stark macht. Man muss generell sagen, dass es für die Sexarbeiter viel Unterstützung von Seiten der Aktivisten aus der LGBT-Bewegung gibt und die sich solidarisch im Kampf gegen repressive Politik zeigt.
Die Themen der Diskussionen umfassten vielfältige Fragen. Über die aktuellen Arbeitsbedingungen in Frankreich und den einzelnen Regionen, über die Situation der SexarbeiterInnen in Spanien, Grossbritannien und Deutschland sowie die Frage nach politischen Perspektiven im Kampf um mehr Rechte. Hier wurde auch das von der deutschen Bundesregierung geplante Prostituierten-Schutz-Gesetz erwähnt, dass u.a. eine Registrierungspflicht für alle Prostituierte vorsieht.
Geplant ist daher für kommende Woche in Frankfurt am Main eine politische Kundgebung, die am 13. Juni um 12 Uhr am Opernplatz stattfinden wird. Wir alle hoffen auf ein zahlreiches Erscheinen von vielen SexarbeiterInnen, die sich dem Gesetzesentwurf entgegen stellen möchten. Organisatorisch zeichnet sich dafür die Interessenorganisation Dona Carmen verantwortlich, die zu dieser Aktion aufruft. Ich werde für das
Kaufmich Magazin aus Frankfurt berichten.
Auf der Tagesordnung der Konferenz standen ebenfalls Workshops, die der Gesundheit, der Prävention, der Selbstverteidigung und der Einführung in BDSM Praktiken dienten. Ein wichtiges Thema war die spezielle Situation von Migrantinnen in Frankreich, darunter viele Chinesinnen, die ohne Papiere in Frankreich arbeiten und über keine gültige Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen verfügen. Auch sie haben angefangen, sich zu organisieren und kamen bei der Konferenz zu Wort. Ein grosses Thema in Frankreich ist der Gesetzesvorstoss einer künftigen Freierbestrafung, der im französischen Parlament auf eine Entscheidung wartet und gegen die die französische Sexarbeiter-Bewegung protestiert. Dagegen und für mehr Rechte gingen wir dann am 2. Juni auch auf die Strasse.
Etwa 100-150 Teilnehmer und Teilnehmerinnen versammelten sich bei schöner Mittagssonne mit vielen Plakaten und Transparenten vor der Kirche St. Nizier, wo die Europäische Hurenbewegung ihren Ausgang nahm. Von der Polizei eskortiert, konnten wir einen Demonstrationszug durch die Innenstadt von Lyon abhalten, was von vielen neugierigen Blicken der Passanten begleitet wurde.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich das kulturelle Rahmenprogramm: es fand eine Filmvorführung statt mit Originalaufnahmen und Interviews mit Prostituierten in der besetzten Kirche St. Niziers 1975, die sehr gut besucht war. Ebenfalls besuchte ich eine Foto-Ausstellung mit Originalfotos und Dokumenten aus der Zeit der Kirchenbesetzung, die dann schliesslich von der Polizei geräumt wurde.
Ich hab Euch einige Bilder von der Demo aus Lyon mitgebracht, damit Ihr einen Eindruck von dieser Aktion bekommt.
Ich kann nur jeder Sexarbeiterin raten: kümmert Euch um die Gesetze. Es kommen harte Zeiten mit einschneidenden Veränderungen auf alle SexarbeiterInnen in Deutschland zu. Informiert Euch und protestiert mit uns zusammen nächste Woche in Frankfurt am Main!