Entkriminalisierung bedeutet Straffreiheit von Sexarbeit im Sinne des einvernehmlichen Tausches sexueller Dienstleistungen gegen Geld. Dagegen werfen die Promis Amnesty vor, Zuhälter und Menschenhändler zu unterstützen und fordern die Einführung des sog. Schwedischen Modells, was eine Bestrafung für Kunden vorsieht und in einigen europäischen Ländern bereits in Kraft ist. Wir hatten darüber berichtet.
Leider sind die Schauspielerinnen nicht besonders helle und nicht ausreichend informiert, haben aber eine enorme öffentliche Macht: denn Verbrechen wie Menschenhandel und Zwangsprostitution haben nichts mit einvernehmlicher Sexarbeit zu tun und gehören weiter bestraft. Entkriminalisierung bedeutet der Wegfall aller Strafgesetze, wie Prostitution reguliert wird. Auch in Deutschland gibt es keine Entkriminalisierung von Sexarbeit. Das Strafrecht regelt immer noch Prostitution, zahlreiche Sondergesetze und Sperrbezirksverordnungen kommen hinzu. In Deutschland ist Sexarbeit legal, aber eben nur unter bestimmten Bedingungen. Strafrechtliche Konsequenzen können Bußgelder bis Haftstrafen sein. Auch deshalb ist es wichtig, den globalen Kampf von politischen Aktivisten für eine Entkriminalisierung von Sexarbeit zu unterstützen. Kriminalisierung in aller Welt bedeutet Diskriminierung, Stigma, Gewalt, Ausbeutung - auch Polizeigewalt, Missbrauch und die Verletzung der Menschenrechte von SexarbeiterInnen.
Erst eine vollständige Entkriminalisierung schafft die Voraussetzungen, dass SexarbeiterInnen mit Behörden, auch Polizei kooperieren, auch um z.B. beim Kampf gegen Menschenhandel mitzuwirken oder Kundengewalt und Ausbeutung zur Anzeige zu bringen. Entkriminalisierung wird auch deshalb gefordert, weil damit Fragen der Gesundheit und der Sicherheit von SexarbeiterInnen berührt sind: die Forderung geht einher mit guten und geschützten, fairen Arbeitsbedingungen. Die Selbstbestimmung und Entscheidungsmacht von SexarbeiterInnen zu stärken bedeutet auch das Durchsetzen von Safer Sex gegenüber Kunden.
Deshalb weist das führende medizinische Journal 'The Lancet' auch darauf hin, dass nur mit einer weltweiten Entkriminalisierung von Sexarbeit auch die hohen Ansteckungsquoten von HIV/Aids wirksam bekämpft werden und gesenkt werden können. Entkriminalisierung bedeutet nämlich auch Vertrauen in kostenlose gesundheitliche Dienste und die Inanspruchnahme von Beratungsstellen, wie sie in Deutschland zur Verfügung stehen. All dies können SexarbeiterInnen nicht in Staaten, wo Politik und Polizei Prostitution mit strafrechtlichen Konsequenzen bekämpfen; Frauen sich in Not nicht an die Polizei wenden, Gewalt nicht zur Anzeige bringen können und ein Outing dazu führt, dass sie bei dem Wunsch nach Ausstieg aus der Prostitution, keiner anderen beruflichen Tätigkeit nachgehen können, weil sie als Prostituierte registriert wurden. So sind und bleiben sie stigmatisiert und viele verbleiben dann auch aus reiner Not in der Prostitution, weil ihnen keine anderen Türen des Gelderwerbs offen stehen. Zum Thema Einführung der Registrierungspflicht in Deutschland haben wir ja kürzlich hier im Magazin kritisch berichtet.
Die internationale Organisation NSWP (Global Network of Sexwork Projects) - der Dachverband von Sexworker geführten Organisationen weltweit - hat soeben eine Petition herausgebracht, mit guten Argumenten, um die Position von Amnesty International pro Entkriminalisierung zu stärken. Ihr seid dazu aufgerufen, diese Petition mit zu unterzeichnen. Dies ist auch mit Künstlernamen möglich. Macht bitte mit und setzt ein Zeichen! Unterstützt die Jahrzehnte lange Arbeit vieler Aktivisten in aller Welt für den Kampf um eine Entkriminalisierung der Sexarbeit! Für Arbeitsschutz, faire Arbeitsbedingungen und den Schutz der Menschenrechte von SexarbeiterInnen!! Unter dem Hashtag #amnesty4sexworkers twittern SexarbeiterInnen dazu hier!
Weiterführende Lektüre:
Mehr zum Thema Liberalisierung vs. Entkriminalisierung von Sexarbeit kann man u.a. hier nachlesen.
Unter dem Hashtag #facesofprostitution gab es erst im April eine Twitter Kampagne von SexarbeiterInnen weltweit, die auch in den Medien Aufmerksamkeit fand.