Der Tag der Offenen Tür der Bordelle am 16. Juli ist ein deutschlandweites Signal, um zu zeigen: wir sind noch da und wir wollen endlich wieder unter Einhaltung von speziellen Hygienevorschriften öffnen.
Die Szene verlagert sich mit der Dauer der Prostitutionsverbote zunehmend in die Illegalität. Damit sind viele Sexworker auch für Beratungsstellen und Hilfsangebote nicht mehr erreichbar.
Kondompflicht wird in Bordellen konsequent umgesetzt
Auch in Berlin nehmen mehrere Bordelle an diesem Tag der Offenen Tür teil. Der Weg führt ins Freudenhaus Hase in den tiefsten Berliner Wedding, wo mir die Umsetzung des Hygienekonzepts erklärt wird. Sexarbeiter:innen und Kund:innen müssen sich nach Betreten des Arbeitszimmers die Hände gründlich waschen und desinfizieren. Jedem Kunden wird angeboten, zu duschen. Für jeden Kunden gibt es ein eigenes Handtuch und Bettlaken bzw. ein Gummilaken, dass nach jedem Kunden gereinigt und desinfiziert wird.
Vor und nach jedem Gast mußten sich schon vor der Corona Krise Sexarbeiter:in und Kunde reinigen, die Hände waschen und duschen. Sexworker sind wahre Hygiene-Expert:innen so Sexarbeiterin Milena, die schon seit 17 Jahren bei Hase arbeitet. Auch die Kondompflicht wird seit der Einführung des Prostituiertenschutzgesetzes vor drei Jahren in Bordellen konsequent umsetzt.
Im Freudenhaus Hase in Berlin zahlt der Gast die Zimmermiete und das Honorar wird mit den Frauen separat verhandelt. Das Freudenhaus nimmt nicht am
Düsseldorfer Verfahren teil, da jede Frau eine eigene Steuernummer hat. Bei Hase können keine Frauen ohne Steuernummer arbeiten. Alles läuft korrekt und ohne Komplikationen. Quasi ein Vorzeige-Bordell.
Am Tag der Offenen der Bordelle können Besucher sich vor Ort über die aktuelle Situation der Bordelle in Zeiten von Corona schlau machen und Fragen stellen. Dazu zählt auch die Umsetzung von Hygienekonzepten, mit denen die Bordelle die Öffnung ihrer Betriebe erreichen wollen.
Wie Bordelle in den letzten Monaten die Corona Krise erlebt haben
Wir diskutieren auch über die Forderungen nach einem Sexkaufverbot in Zeiten des Corona bedingten Prostitutionsverbots, über Kolleginnen in den Niederlanden und Frankreich, die keine Ansprüche auf staatliche Unterstützung haben, und nun mit Zuhältern zusammenarbeiten. Ein Abhängigkeitsverhältnis, dass sich niemand freiwillig wünscht.
Mein nächster Stop an diesem Tag ist die Zimmervermietung Rose in Lichtenberg. Auch hier konnte erfolgreich Corona Soforthilfe beantragt werden. Demnächst wird im Bordell Rose ein
Glory Hole installiert. Glory Holes sind besonders durch den Film „Irina Palm“ mit Marianne Faithful einem größeren Publikum bekannt geworden. Marianne Faithful spielt die Hauptrolle und erleidet durch kontinuierliche Handentspannung einen Penisarm, weshalb sie nicht mehr arbeiten kann.
Bordelle bewerben sich um Corona Soforthilfe
Jetzt seit Juli kann man sich wieder über den Steuerberater um Corona Soforthilfe bewerben, wobei diesmal nur 80% der Betriebskosten übernommen werden können. Aber um Betrug vorzubeugen läuft das nur noch über den Steuerberater.
In Julias Kuscheladresse arbeiten immer 2-3 Frauen am Tag, außerdem gibt es eine Pärchen-Vermietung, also ein Seitensprung-Apartment. Hier arbeiten vorwiegend deutsche Frauen. Julia hat erst seit der Mitgliedschaft im BSD Kontakt zu anderen Kolleg:innen und findet es sehr hilfreich, sich auszutauschen und informiert zu sein. Sie ist seit 2 Jahren Mitglied und hat sehr gute Erfahrungen mit dem BSD gemacht, der mit der Kampagne „
Sexarbeit gleichstellen“ ebenfalls auf sich aufmerksam macht.

BSD Bundesverband sexuelle Dienstleistungen - Stephanie Klee
Plötzlich kommen noch der Gummimann und weitere Besucher vorbei. Der Gummimann ist der Kondomlieferant. Das ein Bordell in Bayern an diesem Tag wieder öffnen darf, wäre wirklich ein Grund zum jubeln, wenn dies das Startsignal für die Bordellöffnungen bundesweit wäre. Alle sind optimistisch, dass das Prostitutionsverbot auch in Berlin bald fällt und einer Wieder-Eröffnung nichts mehr im Wege stehen wird.
Written by Susi
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