In den meisten Ländern der Welt gibt es spezielle Regelungen und Gesetze, die den Umgang mit Sexarbeitern, dem Prostitutionsgewerbe und / oder ihren Kunden regeln. In unseren Länderberichten versorgen wir Euch mit wichtigen landestypischen Informationen. Im folgenden Artikel geht es um die Regelung der Sexarbeit in Indien.  

 

Sexarbeit in Indien: eine der aktivsten und grössten Pro-Sexwork-Szene weltweit
In Indien ist Prostitution nicht illegal, aber das Betreiben von Bordellen, Zuhälterei und öffentliches Werben. Dennoch gibt es Bordelle und die grössten Rotlichtbezirke in Mumbai, Neu Delhi und Kalkutta legen Zeugnis davon ab. Das seit 1956 bestehende Gesetz - der Immoral Traffic Prevention Act - verbietet auch Menschenhandel und die sexuelle Ausbeutung.

 

Insgesamt, so ein Bericht des indischen Ministeriums für Frauen und Kinder, waren 2007 über 2,8 Millionen Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen in Indien registriert. Etwa ein Drittel, 35%, haben von ihnen als Kinderprostituierte unter 18 Jahren begonnen, wenngleich Kinderprostitution verboten ist. Die Zahl der Prostituierten soll sich seit 2000 verdoppelt haben.

 

Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch liegen die Zahlen weitaus höher: sie sprechen von mehr als 20 Millionen Sexarbeiter in Indien. In Mumbai, der grösste Zweig der Sexindustrie Asiens, wurden 200.000 Prostituierte gezählt.

 

Sexarbeit in Indien: Organisationen
In Indien haben sich seit den 90er Jahren Prostituierte zunehmend selbst organisiert und in Kollektiven zusammengeschlossen. Die grösste Interessenvertretung, Durbar in Kalkutta, zählt seit 1992 nunmehr 65.000 Mitglieder. Mit zunehmender Grösse wurden diese Organisationen auch einflussreicher. Gemeinsam kämpfen sie für eine bessere Gesundheitsvorsorge und verbesserte Arbeitsbedingungen. Da die HIV-Infektion ungeheuer hoch ist, leistet man Peer to Peer (von Sexarbeitern für Sexarbeiter) Beratungsarbeit in der Gesundheitsprävention und konnte in den letzten 20 Jahren die Ansteckungsquote deutlich senken. Ziel dieser Organisationen - die indische Dachorganisation heisst AINSW (all India Network of Sex Workers) - ist die Entkriminalisierung einvernehmlicher erwachsener Sexarbeit. Denn eins ist klar, die Kriminalisierung und Unterdrückung von Sexarbeiterinnen steigert ihr Infektionsrisiko. Die Organisation Durbar war es auch, die den Vorschlag des Ministeriums, verpflichtende HIV Tests einzuführen, abwenden konnte und durch eigene Präventionsarbeit in der Community positiv auf die Entwicklung Einfluss nehmen konnte.

 

Sexarbeit in Indien: Entkriminalisierung als Ziel
Auch ist es erklärtes Ziel, nicht nur Sexarbeit, sondern auch Homosexualität zu entkriminalisieren, um Männern und Trans*Personen mehr Schutz vor Gewalt gegenüber Zuhältern, Kunden und Polizei zu bieten. Bevor das Ziel der Entkriminalisierung 2005 formuliert wurde, kam es teils zu gewaltsamen Bordellschliessungen - auch im benachbarten Bangladesh - und liess obdach- und arbeitslose Sexarbeiter zurück. Die Frauen wurden in niedrig bezahlte und schlecht organisierte Trainingsprogramme gesteckt, die es ihnen kaum möglich machten, sich und ihre Familien zu finanzieren. Mittlerweile ist klar geworden, dass rechtliche Verbote das Stigma der Sexarbeiterinnen, den Mangel an Bildung und das Fehlen von Beratungsstellen nur verstärken und damit auch das Infektionsrisiko für HIV erhöhen.

 

Die Mehrheit der Frauen - die Schätzungen liegen bei 70-80% - arbeiten freiwillig in der Sexarbeit; andere werden gezwungen, in die Sklaverei verkauft und durch Schuldknechtschaft abhängig gemacht. Jene, die in die Sexarbeit verkauft wurden, sagen, dass Ehemänner, Geliebte, Freunde und Bekanntschaften dafür verantwortlich waren, selten sind es Fremde. So eine Studie der Universität von Puna. Die Studie fand auch heraus, dass 65% der Prostituierten aus ärmlichen Verhältnissen und 60% aus ländlichen Gegenden stammen. Der Anteil der Armen unter den Prostituierten sei niedriger, als bei anderen Berufen für Ungelernte, z.B. Haushaltshilfe oder Strassenverkäufer. Ausserdem würden Prostituierte vergleichsweise spät anfangen, in der Sexarbeit zu arbeiten. Bei dieser Umfrage wurden 5000 Prostituierte in 14 indischen Bundesstaaten befragt.

 

Sexarbeit bietet im Vergleich zu anderen Einkommensmöglichkeiten aus ungelernter Arbeit das meiste Einkommen in Indien.

 

 

 

Weitere Länderberichte im Magazin
Neugierig, wie es im Rest der Welt aussieht? Neben diesem Artikel "Sexarbeit in Indien" haben wir noch weitere Länderberichte mit interessanten Informationen über die speziellen gesetzlichen Regelungen und Gesetzen der jeweiligen Länder für Euch:

 

Länderberichte weltweit - eine Übersicht

 

Written by Susi


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