Es kursieren über Prostitution in Deutschland Zahlen und Schätzungen, die es wert sind, einmal geprüft zu werden. Wir haben recherchiert, um einen Überblick zu bekommen. Leider gibt es wenig valide Zahlen, dafür mehr Schätzungen.
Zahlen über Prostitution in Deutschland
Laut Schätzungen, die seit 20 Jahren in den Medien kursieren, gibt es über
400.000 Prostituierte in Deutschland Dies ist keine offizielle Schätzung. Die Mehrzahl sind Frauen. Nur ca. 4% aller Sexworker sind männlich und 3% trans*Personen.
Laut
Prostituiertenschutzgesetz wird die Zahl auf
200.000 geschätzt. Fundierte statistische Daten liegen laut dem Bundesministerium für Familie bislang nicht vor.
Hohe Fluktuation
Bei Kaufmich sind etwa 140.000 Sexarbeiterinnen registriert, Frauen und Trans*Personen. Hinzu kommt eine hohe Zahl an männlichen Sexarbeitern, Strichern und Callboys.
Es besteht eine hohe Fluktuation im Gewerbe: viele Neueinsteigerinnen brechen diese Tätigkeit nach kurzer Zeit ab oder touren nur kurze Zeit durch unterschiedliche Orte und Länder.
Sexarbeiterinnen und Betriebe ohne Anmeldung
Laut Medienberichterstattung, Berichten von Beratungsstellen und Behörden aus den einzelnen Städten liegen die bisherigen Anmeldungen und Registrierungen bei ca. 10-20%. Ende 2017 waren die Zahlen mit 7000
bundesweiter Anmeldungen noch sehr gering.
Recht übersichtlich sind auch die Zahlen über angemeldete Betriebe mit gültiger Erlaubnis. Ende 2017 verzeichnete das Bundesamt gerade einmal 1350.
Laut Schätzungen gehen jeden Tag etwa 1 Million Freier zu Prostituierten.
Das Rotlicht Gewerbe besteht aus verschiedenen Segmenten
Laut
statistischen Bundesamt zählt man 89.500 Sexarbeiterinnen in Bordellen incl. FKK Clubs und Massage Salons.
71.600 SexarbeiterInnen werden auf dem Straßenstrich vermutet und ca. 60.000 im Escort-Bereich, inklusive Selbständige, die im Internet und in Zeitungen werben.
Experten rechnen 179.000 Personen zum Bereich „sonstige Prostitution“, womit Sexualassistenz, Tantra Massagen, SM Studios und Tänzer in Striptease Bars gemeint sind.
Umsätze in der Sexarbeit
Immerhin wird der Umsatz der Prostitution in Deutschland auf 15 Milliarden Euro im Jahr geschätzt.
Sexworker und Bordell-Betreiber haben natürlich auch Ausgaben, die für Miete, Hygieneartikel, Sicherheit, Marketing usw. drauf gehen.
Der Gewinn wird auf 7 Milliarden Euro veranschlagt.
Die Umsätze unterscheiden sich nach Arbeitsbereichen: Bei Bordellen wird ein Umsatz von 5,47 Milliarden Euro geschätzt, am Straßenstrich 2,7 Milliarden, 3,65 Milliarden bei Escort-Services und 2,73 Milliarden bei sonstiger Prostitution.
Allerdings scheinen die Zahlen für den Straßenstrich doch sehr hoch gegriffen. Die Anzahl der dort tätigen Personen ist vergleichsweise gering, nur etwa 3% beträgt der Anteil am Rotlichtgewerbe.
Sexarbeit hat viele Gesichter
Es gibt sehr verschiedene Menschen, die Sexarbeit anbieten. Groß ist die Vielfalt. Das Rotlicht Gewerbe funktioniert wie eine Art Klassensystem und spiegelt somit die Gesellschaft insgesamt wider.
Es gibt Armuts- und Überlebensprostitution, es gibt hoch- und niedrigpreisige Bordelle und es gibt die Luxus- und High-End Prostitution, wo zwei Stunden schon mal 800€ kosten dürfen.
Verbreitet sind auch Laufhäuser, Clubs und Terminwohnungen, wo Huren ein Zimmer mieten. Alternativ arbeiten viele
Hobbyhuren in ihrer Privatwohnung. Aber auch wenn nur mit dem berühmten Taschengeld geworben wird: Hobbyhuren sind vor dem Gesetz genauso Prostituierte wie professionelle Sexdienstleisterinnen im Bordell und werden vom Finanzamt gleich behandelt.
Bizarre Vorlieben können in speziellen Domina- bzw. SM-Studios realisiert werden.
Im Rotlicht Gewerbe gibt es auch viele Transen, die anschaffen. Genauso wie Männer, die ihre Dienste für Männer anbieten, ob als Callboy oder am Schwulenstrich. Und dafür muß man nicht unbedingt homosexuell sein.
Paysex und das Internet
Der Paysex hat sich in den letzten 20 Jahren zunehmend ins Internet verlagert. Selbständige Huren schalten Werbung und vermarkten sich über Online Portale wie
Kaufmich.com. Auch Escort Agenturen und Bordelle kaufen Werbung und erstellen für die Damen eigene Sedcards und Profile, die sie verwalten.
Die Rotlicht Portale verfügen meist über eine PLZ- und Umkreissuche, um schnell eine passende Sexdienstleisterin in der Nähe des eigenen Wohnorts zu finden oder um eine Geschäftsreise in eine andere Stadt langfristig zu planen.
Kaufmich Date-Manager und Erfahrungsberichte
Außerdem kann man sich über Erfahrungsberichte bei
Kaufmich.com oder in Freierportalen über den Service der Sexdienstleisterinnen erkundigen. So kann man bei Kaufmich über das Nachrichtensystem Nachrichten und Date Anfragen austauschen und über den
Date-Manager eine verbindliche Verabredung treffen.
Erfahrungsberichte kann man nur schreiben, wenn man den Date-Manager nutzt.
In ihren Profilen geben Prostituierte Auskunft über ihren Service und Preise und können sich mit sexy Bildern und Videos präsentieren. Bei Kaufmich.com gibt es sogar die Möglichkeit, daß Kunden sich in Profilen präsentieren. Viele auch mit Bildern, was deutschlandweit einmalig ist. Auch sie können Erfahrungsberichte von Escorts erhalten.
Huren haben so die Möglichkeit, sich vor einem Date über einen Kunden zu informieren und Einschätzungen über Kunden durch andere Sexdienstleisterinnen zu ermitteln. So oder so helfen Erfahrungsberichte bei der Entscheidung, sich mit einer bestimmten Hure oder einem bestimmten Kunden zu treffen.
Auch wird in Freierportalen vor Abzocke und Betrugsmaschen gewarnt, damit man sein hart erarbeitetes Geld nicht verbrennt.
Dank des Internets und Portalen wie
Kaufmich.com sind viele selbständige Huren in der Lage, sich selbst zu vermarkten, ohne auf Dritte angewiesen zu sein. Sie müssen nicht auf Bordelle oder Escort-Agenturen ausweichen, um Kunden zu finden. Sie verdienen so mehr Geld, da sie keine Provision oder Zimmermiete an Dritte zahlen müssen.
Seit dem Prostituiertenschutzgesetz ist es für Bordelle schwieriger geworden, Personal zu finden. Grund ist die
Anmeldepflicht für Sexworker. Den Hurenpass, also die Anmeldebescheinigung, muss dem Bordell-, Club-, Studio- oder Agenturbetreiber vorliegen, um dort legal zu arbeiten. Da viele noch nicht angemeldet sind, können sie nicht ohne Anmeldung dort arbeiten und weichen in die private Wohnungsprostitution aus.
Preise von SexarbeiterInnen
Jede Sexdienstleisterin, jede Prostituierte bestimmt ihre Preise ganz individuell. Der Preis bemißt sich nach der geplanten Buchungsdauer und angebotener Dienstleistungen.
Die Preisklassen variieren und schwanken zwischen low budget am Straßenstrich und High-End Escort für gutsituierte Kunden. Hier zahlen die Freier nicht nur für Sex, sondern auch für eine Abend- oder Wochenend Begleitung. Dazu gehört auch ein Restaurant- oder Theaterbesuch. Natürlich gibt es noch Edel-Bordelle der Extraklasse, wo man auch mit einem Stundensatz ab 200€ rechnen muß.
Im Durchschnitt bekommt man aber schon in vielen Bordellen und Laufhäusern einen Blowjob für 30€ und einen Quickie für 50€.
Freier und ihre exotischen Vorlieben
Zum Standardservice einer Hure gehören Blowjobs und Geschlechtsverkehr. Aber auch Girlfriendsex und Zungenküsse sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Zungenküsse und Küssen generell waren früher ein absolutes Tabu.
Natürlich gibt es auch sehr viel speziellere Wünsche, auf die sich Huren einstellen müssen. Es liegt an ihnen, diese Wünsche zu erfüllen. Dazu zählen insbesondere bizarre Vorlieben, die man am besten bei professionellen Dominas oder einer Bizarr Lady realisieren kann.
Die meisten
Dominas bieten keinen Sex an und sind auch nicht berührbar. Dafür bieten sie Rollenspiele, Bondage, Sado-Maso Praktiken wie englische Erziehung und Rohrstockbehandlung für Sklaven sowie Erniedrigung und viele andere bizarre Spiele. Natursekt und Kaviar zählen ebenfalls zu den ausgefallenen Wünschen von Freiern.
Die Paysex Welt ist bunt
Transen und Shemales bieten ebenfalls ihre Sexdienste an. Auch Ladyboys sind bei Freiern sehr gefragt, da sie doch das beste von beiden Geschlechtern vereinen und meist aus exotischen Ländern kommen. Viele Transen kommen aus Südamerika oder Südostasien, Thailand.
Beliebt sind aber auch Schwarzafrikanerinnen, die meist in Bordellen arbeiten. Das Rotlicht Gewerbe ist sehr bunt und man findet Sexarbeitende aus allen Teilen der Welt. Beliebt sind auch die vielen Osteuropäerinnen, die seit vielen Jahren um die Gunst der Freier in Deutschland werben.
Der Anteil deutscher Sexdienstleisterinnen ist vergleichsweise gering, denn 70-90% aller Sexdienstleisterinnen in den großen deutschen Städten sind
Migrantinnen, die als Prostituierte arbeiten.
Prostituiertenschutzgesetz: AO Sex trotz Kondompflicht?
Die
gesetzliche Kondompflicht, die für alle Freier sowie Huren gilt, hat sich noch nicht so weit herumgesprochen. Es hagelt Bußgelder, wenn Freier dagegen verstoßen und
AO Sex (AO bedeutet "Alles Ohne") verlangen. Außerdem müssen Sexdienstleisterinnen ebenfalls mit Bußgeldern rechnen, wenn sie für ungeschützte Sexdienstleistungen werben. Dazu zählen Oralverkehr, Geschlechtsverkehr sowie Analverkehr.
Ziel des neuen Gesetzes ist es,
Safer Sex Praktiken im Rotlicht Gewerbe durchzusetzen und so die Gesundheit von Huren und Freiern zu schützen. Ob das gelingt? Schließlich ist die Nachfrage nach ungeschützten Oralsex und AO Sex weiterhin hoch.
Der Hurenpass ist Pflicht
Das
Prostituiertenschutzgesetz, das vor zwei Jahren in Kraft trat, zielt insgesamt auf den Schutz von SexarbeiterInnen. Sie müssen sich einer Gesundheitsberatung und einer gesetzlichen Anmeldung als Prostituierte unterziehen. Die Daten mit Klarnamen müssen nicht in der Anmeldebescheinigung (Hurenpass) stehen; dafür reicht auf Anfrage auch ein Künstlername. Dieser Hurenpass, wie er in der Szene genannt wird, ist bei der Arbeit immer mitzuführen und bei Kontrollen vorzulegen.
Außerdem sieht das Gesetz eine
Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten wie Bordelle, Laufhäuser und Agenturen vor. Betreiber werden geprüft, ob sie ihre Betriebe weiter führen dürfen oder nicht bzw. wird von Behörden über Neuzulassungen entschieden. Prostitutionsveranstaltungen, wie z.B. Gang Bang oder Sex Parties sind nur noch mit einer offiziellen Erlaubnis durchführbar, wenn sie von Dritten organisiert werden.
Kunden bleiben vom neuen Gesetz eher unbehelligt. Die einzige Maßnahme, die bei Freiern vorgesehen ist, sind Bussgelder bei Verstoß gegen die
Kondompflicht. Bußgelder bis zu 5000€ können die Folge sein.
Prostituiertenverbände lehnen das Gesetz ab
Prostituiertenverbände wie der
BesD oder
BSD lehnen das Gesetz ab. Es treibt die Huren in die Illegalität, Isolation und in Zwangsoutings. Huren werden erpreßbar. Der Datentransfer zwischen den Behörden führt dazu, daß auch die Finanzämter Wind davon bekommen und es für viele Sexarbeitende schwierig bis unmöglich wird, anonym zu arbeiten.
Die Idee hinter dem Gesetz ist ja, Sexarbeitende vor Zuhältern und Menschenhändlern zu schützen und durch die Anmeldung und Kontrollen leichter Opfer von Zwangsprostitution zu finden. Allerdings ist es jetzt schon so, daß Huren ein sehr großes Mißtrauen gegenüber der Polizei und sonstigen Kontrollbehörden haben und ein Vertrauen kaum gegeben ist, um sich in Gesprächen zu offenbaren.
Das Beratungsgespräch bei der Anmeldebehörde ist daher ebenfalls eine große Barriere Hilfe anzufragen, selbst wenn sie benötigt wird. Die Erfahrung zeigt, daß anonyme und kostenlose Beratungsangebote von Sexdienstleisterinnen bei Gesundheitsämtern und
Beratungsstellen für Prostituierte eher angenommen werden.
Fazit: Prostitution in Deutschland
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß Prostitution in Deutschland sich in den letzten 20 Jahren sehr verändert hat. Sexarbeit wird vorwiegend über das Internet abgewickelt. Die Mehrheit aller Prostituierten in Deutschland sind Migrantinnen.
Durch das Internet können sich Huren selbständig vermarkten und sind nicht mehr auf Dritte angewiesen, die es auf ihre Profite abgesehen haben. Der Nachteil ist isoliertes Arbeiten an unbekannten Orten, was die Arbeit von Beratungsstellen erschwert. Hilfsangebote erreichen viele Huren einfach nicht.
Der Druck auf die SexdienstleisterInnen ist hoch geworden. Alleine die regionalen Freierportale in Deutschland und der ganzen Welt verbreiten Erfahrungsberichte und Rankings der Sexdienstleisterinnen und erzeugen damit Erfolgsdruck.
Die Fluktuation im Rotlicht Gewerbe ist außerordentlich hoch. Die Verweildauer als Sexdienstleisterin im Gewerbe häufig kurz. Fly-in, Fly-out Escorts sind ebenfalls verbreitet; das sind Escorts und Huren, die durch Deutschland, Europa oder in der Welt touren und immer nur für kurze Zeit an einem Ort sind.
Menschenhandel und Zwangsprostitution
2017 wurden 489 Opfer von sexueller Ausbeutung (Zahlen abgeschlossener Ermittlungsverfahren) in Deutschland gezählt. Siehe
Bundeslagebild 2017 Menschenhandel und Ausbeutung.
In vielen Fällen kommt es jedoch garnicht zu einem Strafverfahren, geschweige denn zu einem Abschluss. Viele Opfer machen keine Aussagen gegenüber Strafverfolgungsbehörden. Es gibt Fälle von
Menschenhandel, die nicht als solche identifiziert werden.
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