Prostitution ist in Deutschland legal und wurde mit dem Prostituiertenschutzgesetz vom 1. Juli 2017 neu reguliert. In unserem Wiki Prostitution erfährst Du, dass Sexarbeit den einvernehmlichen Tausch sexueller und erotischer Handlungen gegen Entgelt bezeichnet. Wird Sexarbeit nicht einvernehmlich und freiwillig vorgenommen, spricht man von Zwangsprostitution.
Prostitution bedeutet ein gegenseitiger Vertrag
Vom Gesetzgeber ist in Deutschland klar definiert, dass bei der Sexarbeit sexuelle Handlungen gegen Entgelt erfolgen. Entgelt bedeutet ein rechtsgültiger Vertrag über eine vereinbarte Gegenleistung zwischen Sexdienstleisterin und Kunde. Nach dem immer noch gültigen Prostitutionsgesetz von 2002 besteht damit die Möglichkeit, das eine Erotikdienstleisterin ihr Honorar einklagen kann, wenn der Kunde für vereinbarte Leistungen nicht zahlt.

 

Das horizontale Gewerbe blickt auf eine lange Geschichte zurück
Prostitution ist in vielen Kulturen weltweit zu finden und ist keineswegs das „älteste Gewerbe“, als das es immer bezeichnet wird. Historiker haben dies bereits widerlegt.

 

In jeder Gesellschaft und Kultur gibt es Bewertungen von Prostitution, die meist von Politik und Religion beeinflusst sind. Selten wird Prostitution liberal gehandhabt, dafür meist repressiv. In den meisten Ländern der Welt ist Prostitution verboten, dennoch gibt es sie. Meist unter kriminalisierten Bedingungen und damit gefahrvoller.

 

In der Prostitution tätige Personen werden im Regelfall stigmatisiert, weshalb diese Tätigkeit bevorzugt anonym und im stillen Kämmerlein ausgeübt wird. Verbote und Kriminalisierung führen dazu, das Sexarbeit im verborgenen stattfindet und dadurch für Hilfsangebote kaum erreichbar ist. Je kriminalisierter und diskriminierender Prostitution gesellschaftlich gehandhabt wird, umso leichter sind Prostituierte Opfer von Ausbeutung, Deportation, Ermordung und Verfolgung. Auch heutzutage sind in der Prostitution tätige Personen als Kriminelle oder Opfer abgestempelt, wogegen sich international Widerstand regt. In unserem Magazin findest Du Länderberichte über Sexarbeit weltweit.

 

Hurenbewegung: politische Rechte werden weltweit gefordert
In der jüngeren Geschichte haben sich Hurenverbände und Sexworker Organisationen gebildet, die lokal und weltweit für Entkriminalisierung von Sexarbeit und die Durchsetzung sozialer und politischer Rechte kämpfen. Im globalen Dachverband NSWP (Global Network of Sex Work Projects)  finden sich die weltweiten Gruppen und Organisationen, die für die Rechte von SexarbeiterInnen streiten. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat sich in einer globalen Resolution für die Entkriminalisierung von Sexarbeit eingesetzt.

 

Am 2. Juni feiert man vor allem in Europa den internationalen Hurentag, um auf die sozialen und politischen Kämpfe der SexarbeiterInnen aufmerksam zu machen. Dieser Gedenktag geht auf eine politische Aktion in den 70er Jahren in Lyon zurück: Etwa 100 Prostituierte besetzten 1975 eine Kirche, um auf ihre schlechten Arbeitsbedingungen und ihre Verfolgung aufmerksam zu machen. Auch auf Kaufmich organisieren wir alljährlich eine Online Demo, um auf diesen Tag und seine Bedeutung aufmerksam zu machen.

 

In bereits sieben Ländern gibt es ein Sexkaufverbot und Freier machen sich strafbar!

 

Die Rechtslage in Deutschland
Prostitution ist eine legale Erwerbstätigkeit in Deutschland, die durch zahlreiche Gesetze, Verordnungen sowie Sperrbezirksordnungen geregelt ist.

 

Seit dem 1. Juli 2017 ist das Prostitutionsgewerbe in Deutschland per Gesetz neu reguliert. Das „Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen“ enthält

 

zahlreiche Verordnungen, die auf die Pflichten von Bordellbetreibern sowie Prostituierten, SexarbeiterInnen in Deutschland abzielen. Dazu zählen auch Gelegenheitsprostituierte, Escort Ladies, Hobbyhuren, Erotik- und Tantra MasseurInnen, Dominas und andere Personen, die erotische Dienstleistungen erbringen.

 

Anmeldepflicht und Gesundheitsberatung für SexarbeiterInnen
Jeder, die/der sexuelle Handlungen gegen Entgelt an einem Kunden/einer Kundin vornimmt, muss sich einer behördlichen Anmeldung unterwerfen sowie einer gesundheitlichen Pflichtberatung. Damit ist nicht die steuerliche Anmeldung gemeint, die ohnehin für jeden Berufstätigen gilt. Gemeint ist ein Gespräch über Rechte und Pflichten und allgemeine Informationen rund um Sexarbeit, auf deren Grundlage eine Anmeldung erfolgt. Die Anmeldung und Gesundheitsberatung müssen sich regelmässig wiederholen: gesundheitlich beraten lassen muss sich jede Sexarbeitende unter 21 Jahren halbjährlich, und ab 21 Jahren jährlich. Die Anmeldung gilt bei unter 21 Jährigen 1 Jahr, bei über 21 Jährigen 2 Jahre.

 

Konzessionierung von Prostitutionsbetrieben
Neu ist auch, dass jedes Prostitutionsgewerbe in Deutschland - seien es Bordelle, Laufhäuser, Terminwohnungen, Wohnungen, SM Studios, wo mehr als eine Sexarbeiterin arbeitet, sich einer Erlaubnispflicht zu unterwerfen haben. Hier gibt es Auflagen, die einzuhalten sind, und die die allgemeinen Arbeitsbedingungen, die baulichen Voraussetzungen und die Zuverlässigkeit des Betreibers betreffen. Dazu zählen u.a. der Einbau eines Notrufsystems, Einhaltung der Kondompflicht, Einrichtung von Pausenräumen und Aufenthaltsräumen, aber auch die Regelung, dass Sexworker an ihrem Arbeitsort nicht mehr in ihrem Arbeitszimmer übernachten dürfen. Auch müssen Betreiber sich die Anmeldebescheinigung von SexarbeiterInnen vorlegen lassen.

 

Jederzeitiges Zutrittsrecht für Kontrollbehörden
Ziel des neuen Gesetzes ist, das Prostitutionsgewerbe in Deutschland zu überwachen und mit jederzeitigem Zutrittsrecht zu kontrollieren. Auch das Grundrecht über die Unverletzlichkeit der Wohnung ist davon berührt.

 

Es wird einen Datenaustausch zwischen den Behörden geben, der u.a. darauf abzielt, die Schwarzarbeit einzudämmen. Sinn der Kontrollmassnahmen soll sein, Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution zu entdecken und Hilfestellung zu geben.

 

Bundesweite Kondompflicht
Ein anderes Ziel ist es, ungeschützte Sexpraktiken durch eine bundesweite Kondompflicht zu verhindern und SexarbeiterInnen über Risiken von unsafer Sex aufzuklären. So will man die weiterverbreitete Nachfrage und Angebot von AO Sex (AO = Alles Ohne und bedeutet Geschlechtsverkehr ohne Kondom, inkl. Oral-, Genital- und Analverkehr) zurückdrängen bzw. reduzieren. Auch die Werbung von Sex mit Schwangeren ist nun verboten.

 

Eine Verfassungsklage gegen das Prostituiertenschutzgesetz ist anhängig und soll in diesem Jahr verhandelt werden. Wendet Euch an Fachberatungsstellen für Prostituierte, wenn Ihr Hilfe sucht.

 

Written by Kaufmich Team


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