In unserer internationalen Serie "Länderberichte" über die rechtlichen Rahmenbedingungen von Sexarbeit weltweit, darf natürlich auch der Länderbericht Deutschland nicht fehlen. Daher haben wir für Euch einmal die wichtigsten Infos zusammengestellt. Habt Ihr Ergänzungen, Kritik, Verbesserungsvorschläge zu unserem Länderbericht, dann freuen wir uns auf Eure Kommentare!
Länderbericht Deutschland: Legale Erwerbstätigkeit
Sexarbeit ist eine legale Erwerbstätigkeit in Deutschland, die durch Gesetze, regionale Sonderverordnungen sowie lokale Sperrbezirksordnungen geregelt wird.
Sexarbeit ist also in ausgewiesenen Zonen und Regionen nicht legal. Dazu zählen auch Orte, die eine bestimmte Einwohnerzahl unterschreiten. Arbeiten in Sperrbezirken ist mit Bußgeldern belegt. Werden diese nicht bezahlt, ist dafür sogar Erzwingungshaft vorgesehen.
Prostituiertenschutzgesetz #ProstSchG
Seit dem 1. Juli 2017 wird das Prostitutionsgewerbe in Deutschland per Gesetz neu reguliert. Das „
Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbungs sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen“ enthält zahlreiche Verordnungen, die auf die Pflichten von Bordellbetreibern sowie SexarbeiterInnen in Deutschland abzielen.
Dazu zählen auch Hobbyhuren, also sog. Gelegenheitsprostituierte, die das nur nebenbei machen, Escortdamen, Erotik- und Tantra MasseurInnen, Dominas und sonstige AnbieterInnen sexueller und erotischer Dienstleistungen.
Anmeldung und Gesundheitsberatung
Jeder, die/der sexuelle Handlungen gegen Entgelt an einem Kunden/einer Kundin vornimmt, muss sich einer behördlichen
Anmeldung unterwerfen sowie einer gesundheitlichen Pflichtberatung. Damit ist nicht die steuerliche Anmeldung gemeint, die ohnehin für jeden Berufstätigen gilt. Es handelt sich um ein Gespräch über Rechte und Pflichten und allgemeine Informationen rund um Sexarbeit, auf deren Grundlage eine Anmeldung erfolgt oder verweigert werden kann.
Die Anmeldung und Gesundheitsberatung müssen sich regelmässig wiederholen: gesundheitlich beraten lassen muss sich jede/r Sexarbeitende unter 21 Jahren halbjährlich, und ab 21 Jahren jährlich. Die Anmeldung gilt bei unter 21 Jährigen 1 Jahr, bei über 21 Jährigen 2 Jahre.
Erlaubnispflicht für das Rotlicht Gewerbe
Neu ist auch, dass jedes
Prostitutionsgewerbe in Deutschland - seien es Bordelle, Laufhäuser, Terminwohnungen, SM Studios, Escort Agenturen, gewerblich genutzte Wohnungen, wo mehr als eine Prostituierte arbeitet, sich einer Erlaubnispflicht zu unterwerfen haben. Betroffen sind auch die Organisatoren von Prostitutionsveranstaltungen, die Erotikparties gewerblich anbieten wollen.
Hier gibt es Auflagen, die einzuhalten sind, und die die allgemeinen Arbeitsbedingungen, die baulichen Voraussetzungen und die Zuverlässigkeit der BetreiberInnen betreffen. Dazu zählen u.a. der Einbau eines Notrufsystems, Einhaltung der Kondompflicht, Einrichtung von Pausen- und Aufenthaltsräumen, aber auch die Regelung, dass Sexworker an ihrem Arbeitsort nicht mehr in ihrem Arbeitszimmer übernachten dürfen. Auch müssen Betreiber sich die Anmeldebescheinigung von SexarbeiterInnen vorlegen lassen.
Ziel des neuen Gesetzes ist, das Prostitutionsgewerbe in Deutschland zu überwachen und mit jederzeitigem Zutrittsrecht durch staatliche Behörden wie Polizei, Zoll u.a. zu kontrollieren.
Auch das Grundrecht über die 'Unverletzlichkeit der Wohnung' ist davon berührt.
Datenaustausch zwischen den Behörden
Es gibt dazu einen Datenaustausch zwischen den Behörden, der darauf abzielt, die Schwarzarbeit einzudämmen. Sinn der Kontrollmassnahmen soll sein, Opfer von Menschenhandel und
Zwangsprostitution zu entdecken und ihnen Hilfestellung zu geben.
Bundesweite Kondompflicht
Ein anderes Ziel ist, ungeschützte Sexpraktiken durch eine bundesweite
Kondompflicht zu verhindern und SexarbeiterInnen über
Risiken von ungeschütztem Sex aufzuklären. So will man die weitverbreitete Nachfrage und das Angebot von AO Sex (AO = Alles Ohne, d.h. Geschlechtsverkehr ohne Kondom,
inklusive Oral-, Genital- und Analverkehr) zurückdrängen bzw. zu reduzieren. Auch die Werbung für Sex mit Schwangeren ist nun verboten.
Das Prostitutionsgesetz von 2001, das die Sittenwidrigkeit abschaffte und die Einklagbarkeit des "Hurenlohns" seither ermöglicht, bleibt davon unberührt und existiert weiter fort.
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Written by Susi